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Künstlich befruchtet. Forscher testen neue Verfahren.

© picture-alliance/ dpa

Künstliche Befruchtung: Mutter, Vater, Kind – und Zellspenderin

In Großbritannien wird darüber gestritten, ob man in die Keimbahn des Menschen eingreifen darf, um Krankheiten zu verhindern. Forscher testen zum Beispiel eine Gentherapie für defekte Zellkraftwerke.

Als Sharon 1996 von ihrer Krankheit erfuhr, hatte sie bereits drei Babys verloren. Ihre eigenen Symptome hatte sie kaum bemerkt, nur manchmal fühlte sie Nadelstiche an der Rückseite ihrer Beine. Dann sagten ihr die Ärzte, dass sie eine seltene Mutation im Erbgut ihrer Mitochondrien in sich trägt. Die Kraftwerke ihrer Zellen funktionieren deshalb nicht richtig.

Unabhängig vom Zellkern, wo eine einzigartige Erbgutmischung von Vater und Mutter abgelegt ist, haben die Mitochondrien im Zellplasma einen eigenen, kleinen DNS-Satz. Das ist die Blaupause, um die Organellen zu formen und damit die Energieversorgung der Zellen sicher zu stellen. Fehler in ihrem Erbgut können unterschiedliche Folgen haben – je nachdem, ob zum Beispiel Herz- oder Hirnzellen betroffen sind. Sie werden ausschließlich über die Mutter übertragen, da nur die Eizellen Mitochondrien enthalten. In Sharons Fall hätte keine derzeit in Großbritannien legale Methode vor der Geburt voraussagen können, ob sich dieses Mal ihre Hoffnung auf ein gesundes Kind erfüllt. Sie verlor drei weitere Babys. Ein Sohn starb mit 21 Jahren.

Für Frauen wie sie werden zwei neue Methoden der künstlichen Befruchtung entwickelt, bei der es quasi drei Elternteile gibt: Mutter, Eizellspenderin und Vater. Eine davon stellen nun Forscher um Shoukrat Mitalipov von der Oregon Health & Science Universität im Fachjournal „Nature“ vor.

Zunächst entfernten sie den Zellkern aus der Spendereizelle, so dass die Hülle mit gesunden Mitochondrien übrig blieb. In diese Eihülle verpflanzten sie das Kernerbgut aus der Eizelle der Mutter. Danach konnten sie 65 so manipulierte Eizellen genauso gut wie normale Eizellen künstlich befruchten. Mehr als 40 Prozent davon entwickelten sich in den folgenden Tagen normal, danach mussten die Embryos aufgrund derzeit geltender Bestimmungen abgetötet werden. Affen, die 2009 so gezeugt wurden, sind nach wie vor gesund. Die Forscher verhandeln nun mit der amerikanischen Zulassungsbehörde FDA, damit sie diese Gentherapie in klinischen Studien testen dürfen.

Bereits vor zwei Jahren war es Forschern in Newcastle gelungen, den Zellkern einer befruchteten Eizelle in die Eihülle einer Spenderin zu verpflanzen. Dabei muss eine befruchtete Spendereizelle entkernt werden. Auch diese Forscher wollen möglichst bald mit klinischen Studien beginnen. Die britische Nuffield Bioethik-Kommission hatte sich im Juni für solche Studien ausgesprochen. Nun hat die Human Fertilisation and Embryology Authority die Briten dazu aufgerufen, ihre Meinung dazu einzubringen. Sollte es ein Votum dafür geben, könnte die Gentherapie in fünf Jahren Wirklichkeit werden.

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