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Nachdenklich: Bernd Althusmann bei seiner Stellungnahme am Mittwoch im niedersächsischen Landtag.

© dpa

Causa Althusmann: Kultusminister unter Verdacht

Der Präsident der Kultusministerkonferenz, Bernd Althusmann, soll in seiner Doktorarbeit fehlerhaft zitiert haben. Seine Alma Mater, die Uni Potsdam, prüft jetzt seine Doktorarbeit.

Diesmal waren es nicht die „Plagiatsjäger“ aus dem Netz: Die Wochenzeitung „Die Zeit“ hat am Mittwoch Zweifel an der Doktorarbeit des niedersächsischen Kultusministers Bernd Althusmann angemeldet. Der Zeitung lägen umfangreiche Dokumente vor, denen zufolge Althusmann, derzeit auch Präsident der Kultusministerkonferenz, beim Abfassen seiner Doktorarbeit „seine Sorgfaltspflicht verletzt“ und im großen Stil gegen wissenschaftliche Regeln verstoßen habe. Althusmann hatte seine Promotion 2007 neben seiner Tätigkeit als parlamentarischer Staatssekretär der CDU-Fraktion im niedersächsischen Landtag an der Universität Potsdam eingereicht. Seinen Doktorvater Dieter Wagner kannte Althusmann, der selbst nie in Potsdam studiert hat, laut „Zeit“ aus seinem Studium an der Bundeswehruniversität in Hamburg. Althusmann ist Hauptmann der Reserve.

Althusmann sei auf dem Weg zur Dissertation mit dem Titel „Prozessorganisation und Prozesskooperation in der öffentlichen Verwaltung - Folgen für die Personalentwicklung“ an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät subtil vorgegangen, wie die „Zeit“ berichtet. Auf 88 von 114 untersuchten Seiten - insgesamt hat die Arbeit 290 Seiten – habe Althusmann sich „großzügig aus fremdem geistigen Eigentum“ bedient „ohne dies in der notwendigen Weise deutlich gemacht zu haben“, so die Wochenzeitung in einer Vorab-Veröffentlichung. Von anderen Autoren übernommene Passagen seien durch „kosmetische Veränderungen“ am Text und irreführende Fußnoten für den Leser nicht mehr als Übernahmen erkennbar. So werde etwa mit einem vagen „vgl.“– kurz für: vergleiche – auf den Urheber hingewiesen, anstatt ein Zitat mit An- und Abführungsstrichen zu verwenden.

An der Uni Potsdam durfte Althusmann als Externer nur mit einer Sondergenehmigung promovieren. Die Vorwürfe seien seit Dienstag bekannt und würden momentan geprüft, wie Sprecherin Birgit Mangelsdorf auf Nachfrage bestätigte. Die Entscheidung, ob der Fall vor die uniinterne „Kommission zur Untersuchung von Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens“ kommt, liegt beim Dekan der betroffenen Fakultät, Klaus H. Goetz. Er werde dafür auch eine Stellungnahme Althusmanns anfordern, sagte Goetz gestern. Seit Bekanntwerden der Vorwürfe habe er Rücksprache mit dem Doktorvater gehalten, auch die Gutachten zur Arbeit lägen ihm vor.

Althusmann reagierte am Mittwoch auf die Vorwürfe. Auf der Seite www.bernd-althusmann.de publizierte er eine PDF-Version seiner Dissertation, zudem entschuldigte er sich für „mögliche handwerkliche Fehler“. In Hannover erklärte Althusmann, er nehme die Vorwürfe, von denen er bereits seit vergangenem Donnerstag wisse, „sehr ernst“.

Unter konkretem Plagiatsverdacht sieht sich Althusmann aber nicht. Bei den Anschuldigungen handele es sich nicht um den Vorwurf der Übernahmen fremder Texte ohne Quellenangabe wie bei vergleichbaren Fällen der letzten Wochen und Monate. Vielmehr gehe es um den Vorhalt, „dass in meiner 2007 abgegebenen Arbeit einzelne Zitate möglicherweise nicht einem ausreichenden wissenschaftlichen Standard entsprechen könnten“. Es gehe um die Frage, „ob der Verweis ,vgl.’ ausreichend ist, um auf einen anderen Autor hinzuweisen, oder ob ein ,nach’/ ,in’ / ,so auch bei’ bzw. ein direktes Zitat wissenschaftlich korrekter gewesen wäre“. Von seiner Seite habe es keinen Täuschungsversuch gegeben, sagte Althusmann. Er selbst sei es gewesen, der die Universität Potsdam nun gebeten habe, umgehend eine Prüfung einzuleiten.

Die Universität steht nun im Fokus der Aufmerksamkeit: Sollte sie Althusmann den Titel aberkennen, hätte die deutsche Politik binnen weniger Monate nach Karl-Theodor zu Guttenberg und Silvana Koch-Mehrin ihren dritten großen Plagiatsfall. Althusmanns Doktorvater Dieter Wagner, gleichzeitig Vizepräsident für Wissens- und Technologietransfer an der Universität, sprach sich gegenüber der „Zeit“ dafür aus, zukünftig Software zur Plagiatsprüfung zu verwenden. Auch Dekan Goetz rechnet damit, dass es eine Debatte über die „systematische Überprüfung“ aller Arbeiten geben wird.

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