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Lange Leitung. Ein Kurzschluss im Beschleunigerring des LHC verzögert den Neustart der Anlage.

© AFP

Kurzschluss: Neustart von Teilchenbeschleuniger LHC verzögert sich

Heute sollte ein Meilenstein beim Neustart des Teilchenbeschleunigers erreicht werden. Doch ein Kurzschluss wirft die Planungen um. Der Zeitverlust könnte mehrere Wochen betragen.

Nach zwei Jahren Wartungspause wird derzeit der Teilchenbeschleuniger LHC (Large Hadron Collider) für den Neustart vorbereitet. Heute sollte ein wichtiger Meilenstein erreicht werden: Die Protonen sollten ihre ersten Runden auf dem 27 Kilometer langen Kurs im Untergrund drehen. Daraus wird nichts. Ein Kurzschluss in einem Teil des Ringbeschleunigers wirft die Pläne über den Haufen. Diese Woche werde es keinen Umlauf geben, teilte das europäische Kernforschungszentrum Cern am Dienstagabend mit. Wann dieser Schritt gelingt, bleibt vorerst offen – die Verzögerung könne „zwischen wenigen Tagen und einigen Wochen“ betragen, heißt es in der Mitteilung.

Verzögerung nicht so lang wie beim letzten Mal

Das kommt einem bekannt vor. Beim ersten Start des LHC 2008 gab es eine schwerwiegende Panne aufgrund einer schlecht ausgeführten Lötverbindung. Mit mehr als einem Jahr Verzögerung konnte der Forschungsbetrieb erst 2010 starten. Nach allem, was bisher bekannt ist, wird der Verzug dieses Mal geringer sein.

Der Ringbeschleuniger ist in acht Segmente unterteilt. Sieben davon wurden in den vergangenen Wochen soweit fit gemacht, dass sie mit der gewünschten Energie von 6,5 Teraelektronenvolt pro Teilchenstrahl betrieben werden können, teilt das Cern mit. Der achte macht aber Probleme. Am 21. März wurde bei einem Magneten ein Kurzschluss festgestellt. Die Magnete sind Schlüsselkomponenten für den Betrieb des LHC: Sie müssen stark genug sein, um den Strahl geladener Teilchen, der nahezu mit Lichtgeschwindigkeit angeschossen kommt, beständig auf eine Kreisbahn zu zwingen. Um das zu erreichen, setzen die Forscher auf supraleitende Magnete. Diese müssen bei Temperaturen nur knapp über dem absoluten Nullpunkt betrieben werden.

Neuer Zeitplan für die Inbetriebnahme 

Das macht die Sache kompliziert. Möglicherweise muss der betroffene Abschnitt erwärmt, repariert und anschließend wieder auf Minus 271 Grad heruntergekühlt werden. „Jede tiefgekühlte Maschine wirkt wie ein Zeitverstärker“, sagt Frédérick Bordry, Cern-Direktor für Beschleuniger, in Bezug auf den Reparaturaufwand. „Was an einem Gerät bei Normaltemperatur einige Stunden dauert, könnte uns einige Wochen kosten.“

Derzeit arbeiten die Forscher an einem neuen Zeitplan für die Inbetriebnahme. Cern-Chef Rolf Heuer übt sich derweil in Krisenkommunikation. Alle Zeichen ließen eine hervorragende zweite Betriebsphase des Beschleunigers erwarten. „Im großen Zusammenhang betrachtet ist eine Verzögerung von wenigen Wochen bei der Suche nach einem grundlegenden Verständnis des Universums nur wenig mehr als ein Augenblick“, heißt es in der Mitteilung aus Genf. Die Cern-Forscher betonen, dass der Zeitplan für das erneute Anfahren flexibel sei. Die Zwangspause werde beispielsweise genutzt, um andere Systeme zu verbessern, um später im Experimentierbetrieb mehr aus den Messungen herausholen zu können.

Sollte es gelingen, die Protonen im Beschleuniger kreisen zu lassen, wird es noch etwa zwei Monate dauern, bis die Strahlen so eingestellt sind, dass die gewünschten Teilchenkollisionen in den Detektoren erfolgen. Aus den Daten, die dabei aufgezeichnet werden erhoffen sich die Physiker zahlreiche neue Erkenntnisse, mit denen Zusammenhänge erklärt werden können, bei denen das Standardmodells der Teilchenphysik bislang versagt. Dazu gehören Hinweise auf Dunkle Materie oder die Supersymmetrie. Auch die Eigenschaften des Higgs-Teilchens, das vor knapp drei Jahren mit dem LHC entdeckt worden war, sollen jetzt noch genauer bestimmt werden.

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