zum Hauptinhalt

Lehranstalten müssen an Inklusion angepasst werden: Das muss Schule machen

Rückzugsräume, Leitsysteme, neues Fachpersonal: Vieles ist nötig, damit alle Schüler gemeinsam lernen können. Berlin steht erst am Anfang.

UNTERRICHT IM TEAM

Fachleute sind sich einig: Inklusiver Unterricht kann nur im Team aus Regelschullehrern und Sonderpädagogen gelingen. Schulen, die seit Jahren Kinder mit und ohne Behinderungen gemeinsam unterrichten, machen es vor. So unterrichten etwa in den Integrationsklassen an der Friedenauer Fläming-Grundschule durchgängig zwei Lehrkräfte gemeinsam.

In der Breite können die Berliner Schulen davon nur träumen. Tatsächlich wird die sonderpädagogische Versorgung in den Regelschulen seit Jahren schlechter. Das liegt an der Deckelung der Mittel: Obwohl der Anteil der Schüler mit Förderbedarf im gemeinsamen Unterricht seit Jahren ansteigt (siehe Grafik), bleibt die Zahl der Sonderpädagogen mehr oder weniger konstant. Wie kürzlich berichtet erhielten im vergangenen Schuljahr berlinweit etwa 5000 Kinder zu wenig Förderstunden. Die GEW fordert mindestens 510 zusätzliche Vollzeitstellen für Sonderpädagogen.

Laut einer Studie des Bildungsforschers Klaus Klemm für die Bertelsmann-Stiftung müssten in Berlin etwa 864 Lehrerstellen geschaffen werden, um im Rahmen der Inklusion an Regelschulen die gleiche Förderung zu ermöglichen wie an Förderzentren. Die zusätzlichen Kosten pro Jahr beziffert Klemm auf 61,3 Millionen Euro, bundesweit auf 660 Millionen Euro. Die rot-schwarze Koalition will alle Ressourcenfragen erst im Rahmen der Verhandlungen für den Doppelhaushalt 2016/17 diskutieren.

GEBÄUDE OHNE HINDERNISSE

Barrierefreiheit bedeutet mehr als Aufzüge und rollstuhlgerechte Toiletten: Inklusive Schulen brauchen etwa Teilungs- und Rückzugsräume; Leitsysteme wie leuchtende Farbmarkierungen und Schilder in Brailleschrift für sehbehinderte Kinder; schallgedämmte Räume, um Störgeräusche zu minimieren. Im Berliner Doppelhaushalt 2014/15 steht für den Ausbau der Barrierefreiheit pro Jahr nur eine Million Euro zur Verfügung. Dieses Geld ist aber nur für Umbauten an sogenannten Schwerpunktschulen gedacht, die in jedem Bezirk aufgebaut werden. Derzeit ist nur ein kleiner Teil der Berliner Schulen vollständig rollstuhlgerecht (siehe Grafik). Ein Zeitpunkt für die Schaffung von Barrierefreiheit an allen Schulen ist laut Bildungsverwaltung nicht festgelegt. Derzeit ermittelt sie, wie viel der barrierefreie Umbau aktuell, mittel- und langfristig kosten wird.

UNTERSTÜTZUNG FÜR DIE LEHRER

Weil der Umgang mit behinderten Kinder für viele Lehrer Neuland ist, gehören Fortbildungs- und Beratungsangebote zu den wichtigsten Voraussetzungen für die Inklusion. Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) hat im Haushalt 2014/15 insgesamt gut 3,5 Millionen Euro für diesen Bereich veranschlagt. Damit sollen im Laufe dieses Schuljahres in allen Bezirken regionale Beratungs- und Unterstützungszentren aufgebaut werden. Fachleute bezweifeln aber, dass Einrichtungen auf Bezirksebene ausreichen. So fordert der von Scheeres vor zwei Jahren eingesetzte Beirat für Inklusion, Zentren für Inklusion an jeder Schule einzurichten. Die GEW fordert dafür berlinweit gut 1000 zusätzliche Lehrerstellen.

SCHULHELFER, PFLEGER, THERAPEUTEN

Manche Kinder müssen gewickelt und gefüttert werden, andere brauchen jemanden, der mit ihnen rausgeht, wenn sie sich nicht mehr konzentrieren können: Im inklusiven Unterricht fallen viele zusätzliche Aufgaben an. An Förderzentren gibt es feste Mitarbeiter für Pflege und Betreuung. Im gemeinsamen Unterricht übernehmen diese Aufgaben die Schulhelfer. 600 Schulhelfer gibt es derzeit in Berlin, etwa zehn Millionen Euro stehen dafür jährlich zur Verfügung. Zu Beginn des Schuljahres fehlten an vielen Schulen dringend benötigte Schulhelferstunden, denn die Mittel sind gedeckelt. Inzwischen hat die Bildungsverwaltung für 2015 den Etat für Schulhelferstunden um 750 000 Euro aufgestockt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false