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Fahrbare Forschungsstation. Mit einem Laserstrahl soll der Marsrover Gestein abtasten. Material wird mit einem Roboterarm gesammelt und in Minilaboren analysiert.

© dpa

Marsrover vor der Landung: Auf der Suche nach Lebenszeichen

In einem gigantischen Krater soll der neue Marsrover „Curiosity“ die Klimageschichte des roten Planeten erforschen. Wenn das spektakuläre Landemanöver am Montagmorgen klappt.

Von Rainer Kayser, dpa

Eine solche Landung auf einem anderen Planeten hat es noch nicht gegeben: Wie eine Sternschnuppe zieht die amerikanische Sonde „Curiosity“ über den Marshimmel. Auf bis zu 2100 Grad Celsius erhitzt sich der Hitzeschild des Raumfahrzeugs beim Eintritt in die dünne Lufthülle des roten Planeten. In elf Kilometern Höhe entfaltet sich ein 16 Meter großer Fallschirm und bremst die Geschwindigkeit von „Curiosity“ weiter ab. In einer Höhe von 1,4 Kilometern zünden dann acht Raketentriebwerke und drosseln den Sturz, bis die Sonde 7,5 Meter über der Marsoberfläche zum Stillstand kommt.

Von hier aus lässt sie an drei Seilen, dem sogenannten „Himmelskran“, langsam ein sechsrädriges Fahrzeug, groß wie ein Geländewagen, herab. Nach dem sanften Aufsetzen des Marsrovers wird das Seil gekappt, die Triebwerks-Einheit saust davon und stürzt einige hundert Meter entfernt in den roten Staub.

„Sechs Minuten des Grauens“ haben die Planetenforscher diesen komplexen, zuvor unerprobten Landevorgang getauft. Am heutigen Montagmorgen werden sie wissen, ob alles wie vorgesehen funktioniert hat. Um 7.31 Uhr sollten die Räder von „Curiosity“ den Marsboden berühren, rund 14 Minuten benötigen die Funksignale vom 248 Millionen Kilometer entfernten Nachbarplaneten zur Erde. Zunächst erwarten die Forscher Statusmeldungen über den Zustand des Rovers, erst am Dienstag sollen Bilder von der Umgebung des Landeplatzes zur Erde gefunkt werden, wenn die Forscher nicht vor lauter Ungeduld kurzfristig die Pläne ändern.

Der Name „Curiosity“ (Wissbegierde) ist Programm: Der große Marsrover soll die Wissbegierde der Forscher stillen und endgültig die Frage beantworten, ob es einst auf dem roten Planeten Leben gab oder vielleicht bis heute gibt. Die Landung soll im 154 Kilometer großen Krater Gale in der Nähe des Mars-Äquators erfolgen. Der Zentralberg dieses Kraters erhebt sich rund fünf Kilometer über den Kraterboden. Messungen des Mars Reconnaissance Orbiters, der seit 2006 den roten Planeten umkreist, zeigen dort unter anderem Schichten aus sulfat- und tonhaltigem Gestein. Für die Forscher ist dies ein deutlicher Hinweis darauf, dass es im Inneren des Kraters einst Wasser gab. „Uns fasziniert Gale unter anderem, weil es sich um einen riesigen Krater in einer recht niedrig gelegenen Region des Mars handelt. Und wir wissen alle, dass Wasser immer bergab läuft“, erklärt John Grotzinger, ein Projektwissenschaftler der Mission.

Der Zentralberg des Gale-Kraters ist zudem von Sedimentablagerungen umgeben, die sich über einen Zeitraum von rund 3,5 Milliarden Jahren angesammelt haben. „Hier liegt möglicherweise die gesamte Geschichte des Mars für uns bereit“, sagt Nasa-Wissenschaftler Ashwin Vasavada. Schicht um Schicht können die Forscher hier die Entwicklung des Klimas in der Äquatorregion ablesen. Mit zahlreichen Instrumenten soll Curiosity mindestens zwei Jahre lang die Ablagerungen untersuchen – und dabei immer weiter den Zentralberg hinauffahren, möglicherweise bis auf den Gipfel.

Bis zu sieben Meter entferntes Gestein kann der fahrbare Roboter mit einem energiereichen Laserstrahl erhitzen und verdampfen. Eine Kamera fängt die dabei freigesetzte Strahlung ein, untersucht ihr Spektrum und bestimmt daraus die chemische Zusammensetzung des Gesteins. Stößt Curiosity auf etwas Interessantes, fährt er seinen Roboterarm aus, der mit Bürste, Bohrer, Schaufel und Sieb ausgestattet ist, einem kompletten geologischen Feldbesteck.

Bis zu fünf Zentimeter tief kann der Bohrer sich in das Gestein fressen. Die pulverisierten Gesteinsproben füllt der Roboterarm dann in das automatische Labor „ChemMin“, wo Röntgenstrahlen ihre Kristallstruktur analysieren. Aus der Brechung der Röntgenstrahlen können die Wissenschaftler ablesen, aus welchen Mineralien die Proben bestehen. Art und Menge der Mineralien wiederum erlauben Rückschlüsse auf Temperatur, Druck, Feuchtigkeit und andere Bedingungen bei der Entstehung der Stoffe.

Noch detailliertere Untersuchungen erlaubt ein weiteres, „Sample Analysis on Mars“ genanntes Minilabor. Mit einem Gewicht von 38 Kilogramm beansprucht SAM etwa die Hälfte der wissenschaftlichen Nutzlast von Curiosity für sich. Insgesamt 74 Auffangbehälter hält SAM für Bodenproben bereit. In zwei Öfen kann das Gestein auf bis zu 1100 Grad Celsius erhitzt werden, um flüchtige Stoffe auszugasen. Die Gase strömen dann durch ein Misch- und Trennsystem zu drei empfindlichen Instrumenten: einem Gas-Chromatografen, der individuelle Gase aus dem Gemisch herausfiltert, einem Massenspektrometer, der die Masse der Moleküle eines Gases und damit seine chemische Identität ermittelt und schließlich einem Laser-Spektrometer, der die Anteile der unterschiedlichen Kohlenstoff-Isotope in organischen Stoffen – also solchen auf Kohlenstoff-Basis – bestimmt.

Isotope sind chemisch identische Atome, die in ihren Atomkernen eine unterschiedliche Anzahl von Neutronen besitzen. Die relative Häufigkeit von Kohlenstoff mit sechs oder sieben Neutronen erlaubt beispielsweise Rückschlüsse darüber, ob kohlenstoffhaltige Substanzen wie Methan biologischen Ursprungs sind. „Wenn wir mehr leichten Kohlenstoff finden, dann ist das zumindest in Übereinstimmung mit der Annahme, dass biologische Prozesse eine Rolle gespielt haben“, sagt Grotzinger.

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