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Freies Lernen. Die Seminare sollen online stattfinden, die Studierenden schalten sich auf dem Laptop zu. Kurz vor dem Start des Kurses gibt es eine SMS zur Erinnerung.

© AFP

Minerva-Universität aus den USA: Die mobile Uni

An der amerikanischen Minerva-Universität sollen Studierende jedes Jahr in eine andere Stadt ziehen. Berlin soll neben San Francisco, Buenos Aires, Hongkong, Sydney und New York auch Standort werden.

Es klingt wie eine Uni für Weltenbummler: Eine Hochschule, die keinen festen Campus hat, sondern deren Studierende von Semester zu Semester von einer Stadt in die nächste wechseln. An der nordamerikanischen Minerva-Universität soll das bald Wirklichkeit werden. Deren Studierenden sollen um die Welt ziehen und währenddessen online an Kursen teilnehmen. Wie viele private Hochschulen geht Minerva mit einem hohen Anspruch an den Start: „Neu erfinden“ wolle man das Bachelorstudium, sagt Robin Goldberg, die für Marketing zuständig ist – und die unlängst in Berlin war. Denn auch in der deutschen Hauptstadt ist ein Standort geplant. Das Studium beginnen wird der erste Jahrgang im September zunächst in San Francisco.

Vorbild sind "Liberal Arts"-Studiengänge

Gegründet wurde Minerva von Ben Nelson, dem heutigen Vorstandsvorsitzenden. Der war während seiner eigenen Studienzeit mit der Universität unzufrieden. Volle Hörsäle, Anonymität, ein zu spezialisiertes Studium: vielgehörte Beschwerden. Er beschloss, seine Hochschule nach den Idealen eines Studium generale aufzubauen, in dem man kritisch denken lernt. Solche „liberal arts and sciences“-Studiengänge sind an US-Colleges durchaus gängig, in Europa aber nur wenig verbreitet.

Bei Minerva soll der Stundenplan nicht nach Fächern, sondern nach Fähigkeiten wie kritischem Denken, Kreativität und Kommunikation ausgerichtet sein. Im ersten Jahr erarbeiten die Studierenden diese anhand von Beispielfragen: Wie lassen Menschen sich dazu bewegen, Energie zu sparen? Und warum fesseln uns Romane bestimmter Schriftsteller? Im zweiten Jahr wählen sie ein Spezialgebiet, haben aber weiterhin auch Kurse aus anderen Fächern. Nach vier Jahren haben sie einen Bachelor absolviert und können sich auf einen Master bewerben. Die Minerva-Universität ist Teil des Keck Graduate Institute in San Francisco, das zu den Claremont Colleges gehört.

Die Studierenden sollen mit Obdachlosen arbeiten

Nach dem Basisjahr in San Francisco werden die Studierenden in mehrere Gruppen aufgeteilt, die regelmäßig ihren Standort wechseln. Das zweite Jahr werden Studierende in Buenos Aires und Berlin verbringen, für das dritte und vierte sind Hongkong, New York, Sydney, Kapstadt und Mumbai vorgesehen. So sollen die Studierenden verschiedene Länder und deren Kultur und Geschichte kennen lernen und auch Führungspersönlichkeiten treffen. Die Studierenden könnten sich zudem ehrenamtlich engagieren, sagt Goldberg. Als Beispiel nennt sie die Arbeit mit Obdachlosen.

Gelernt wird auf einer Online-Plattform

Der eigentliche Lehrbetrieb findet derweil auf einer Onlineplattform statt – die Studierenden der verschiedenen Gruppen und die Dozenten sind ja über die ganze Welt verteilt. Sie treffen sich zu einer festen Zeit per Videochat, kurz vor Kursbeginn bekommen sie eine Erinnerung aufs Handy geschickt. Wer sich gerade in einem Berliner Café befindet, braucht also nur das Laptop einzuschalten und kann an einem Seminar mit Kommilitonen in Hongkong teilnehmen.

Die Software hilft auch, die Studierenden zu bewerten: Sie sammelt anhand von Hausaufgaben, Seminaraktivitäten und einem Vergleich der Leistungen in den verschiedenen Kursen eine Menge an Daten. Das könnte für einige abschreckend wirken, doch Goldberg sieht vor allem positive Seiten: „Wir wissen viel mehr darüber, was im Seminar passiert, und können die Studierenden besser beraten.“

Die Studiengebühren betragen 10 000 Dollar im Jahr

2500 Bewerberinnen und Bewerber gab es für das erste Studienjahr. 33 bekamen einen Platz. Die Studierenden kommen aus vierzehn Ländern. Einige haben gerade Abitur gemacht, andere schon einige Jahre studiert oder sogar ein Studium abgeschlossen. Nächstes Jahr sollen 200 bis 250 Studienanfänger aufgenommen werden, sagt Goldberg.

2012 bekam Minerva eine Startfinanzierung von 25 Millionen Euro von einer Investitionsfirma. Langfristig wird sich die private Uni durch Studiengebühren finanzieren, die zehntausend Dollar im Jahr betragen. Zusätzlich müssen Studierende weitere Kosten wie etwa für die Unterkunft tragen, die bei ungefähr 8000 Dollar im Jahr liegen werden. Die Uni hat aber ein Studienkredit- und Stipendiensystem eingerichtet, das Studierenden helfen soll, die die Gebühren sonst nicht bezahlen könnten.

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