zum Hauptinhalt
Das normale Campus-Leben gibt es für die Minerva-Studierenden nicht. Sie belegen ihre Veranstaltungen online.

© REUTERS

Mobile US-Uni: Minerva-Studierende ziehen nach Berlin

Sie wechseln immer wieder die Stadt und lernen in Online-Seminaren : Die Studierenden des Minerva-Projekts erleben eine ganz neue Art des Bachelor-Studiums. Jetzt kommen die Teilnehmer nach Berlin.

Fernsehturm statt Golden Gate Bridge, Spreeufer statt Pazifikküste. Den Studierenden des mobilen Minerva-Projekts aus den USA steht ein Ortswechsel bevor. Ende August sollen die ersten 140 Teilnehmer von San Francisco nach Berlin umziehen. Eine Unterkunft ist bereits gefunden: in der Kreuzberger Adalbertstraße.

Die Teilnehmer dieses Weltenbummler-Studiengangs wechseln nach einem Jahr in San Francisco in jedem Semester den Studienort. Sie sitzen dabei allerdings nicht in den Hörsälen einer Partneruniversität, sondern verfolgen die Seminare ihrer zumeist US-amerikanischen Dozenten online am eigenen Laptop. Ob sie dabei in ihrem Studentenapartment sind, gerade einen Kurztrip ans andere Ende des Landes machen oder in einem Café sitzen, spielt keine Rolle. Mit diesem Konzept will Minerva nichts weniger als das Bachelorstudium neu erfinden. Das Programm ist Teil des Keck Graduate Institute in Kalifornien.

Globale Fragestellungen durch die "lokale Brille"

Die Studenten sollen bei Minerva kritisches und kreatives Denken lernen, effektive Kommunikation und Interaktion. Nachdem sie in San Francisco ihr Grundstudium absolviert haben, spezialisieren sie sich während der darauffolgenden Stationen auf ein Hauptfach, etwa aus den Natur-, Sozial- oder Wirtschaftswissenschaften. Dabei werden bestimmte Aufgaben auf die jeweilige Stadt ausgerichtet. „Die Studenten sollen bestimmte globale Fragestellungen durch eine lokale Brille sehen“, erklärt Marielle van der Meer, die bei Minerva für Europa zuständig ist. „Wie geht Berlin mit Wohnraummangel und Bevölkerungswachstum um? Wie reagiert die Stadt auf die Flüchtlingskrise?“

Hohe Ziele. Bei Minerva will man nichts weniger, als das Bachelor-Studium neu erfinden. Die Studenten ziehen mit.
Hohe Ziele. Bei Minerva will man nichts weniger, als das Bachelor-Studium neu erfinden. Die Studenten ziehen mit.

© Tim Matsui

Ihre Erkenntnisse könnten die Studierenden mit den anderen Studienorten vergleichen – dazu zählen etwa Hongkong, New York, Sydney, Kapstadt und Mumbai. In Berlin werden die Teilnehmer zudem ein Praktikum absolvieren und Führungspersönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft treffen.

Ringen um die Identität

William Louis Brickman ist einer der Studierenden. Der 18-Jährige ist in Neukölln geboren und in New York aufgewachsen. „Mein ganzes Leben lang habe ich um meine Identität gerungen: ob ich mich mehr amerikanisch oder mehr deutsch fühlen soll“, erklärt er. „Wenn ich jetzt mehr als zwei Wochen am Stück in Berlin verbringe, kann ich diese deutsche Seite ein wenig ausloten.“ Brickman möchte sich auf Global Governance und Nachhaltigkeit spezialisieren – auch dafür sieht er in Berlin viele Anknüpfungspunkte. „In Berlin gibt es eine Menge NGOs und Thinktanks, gleichzeitig so viel Geschichte und politische Institutionen.“

William Louis Brickman - in Neukölln geboren, in New York aufgewachsen. Jetzt kommt er zurück nach Berlin.
William Louis Brickman - in Neukölln geboren, in New York aufgewachsen. Jetzt kommt er zurück nach Berlin.

© Tim Matsui

Auf die Unabhängigkeit in der neuen Stadt freut er sich. „Hier in San Francisco fühlt sich das allles noch an wie ein Sommercamp. In unserem Wohnheim gibt es zum Beispiel jede Menge Gemeinschaftsräume.“ In Berlin werden die Studenten zwar gemeinsam in einem Apartmentgebäude der Berlinovo leben, aber dennoch stärker auf sich gestellt sein. „Meine Seminare werde ich dann sicher oft im Café belegen – in Berlin sind die auch viel preiswerter“, sagt Brickman.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false