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Schwarzgebranntes ist tückisch.

© dpa

Nach dem Tod von zwei Berlinern durch gepanschten Alkohol: Vorsicht vor Selbstgebranntem

Illegal hergestellter Alkohol ist gefährlich. Schuld daran ist Methanol, dessen Abbauprodukte sich im Körper anreichern. Erst Stunden später setzt Übelkeit ein, es drohen Organschäden, Erblindung und sogar der Tod.

Sprachlich ist es nur ein Unterschied von einem Buchstaben, in der Realität kann er im Extremfall zu einem zwischen Leben und Tod werden: Ethanol und Methanol. Alkoholische Getränke wie Wein, Bier und Schnaps enthalten normalerweise Ethanol, das beim Vergären von Zucker entsteht. Werden hochprozentige Getränke unfachgemäß destilliert oder bewusst „gepanscht“, können sie größere Mengen Methanol enthalten. Eine Substanz, die immer wieder zu Massenvergiftungen mit schweren Folgen geführt hat, zuletzt im April 2009 in der Türkei. Und die, wie berichtet, gerade zwei junge Berliner auf der indonesischen Insel Java das Leben kostete.

Tückisch ist, dass es immer wieder in Ländern zu Vergiftungen kommt, in denen der Verkauf von Alkohol aus religiösen und politischen Gründen restriktiv gehandhabt und darum häufiger selbst gebrannt wird. In Deutschland, wo Schnaps ausgesprochen billig sein kann, gibt es praktisch keinen Anreiz für eine illegale Produktion. „Auch in handelsüblichen Obstlern ist der Methanolgehalt zwar nicht null, der Anteil ist aber so gering, dass der Körper das verkraftet“, sagt der Pharmakologe und Toxikologe Ralf Stahlmann von der Berliner Charité. Dafür sorgen auch EU-Bestimmungen.

Tückisch ist ferner, dass keiner es sofort bemerkt, wenn Methanol sein giftiges Werk beginnt. Zunächst stellt sich die berauschende Wirkung ein. Erst rund 24 Stunden später kommt es zu starker Übelkeit. Der Stoffwechsel entgleist, weil die zwei Enzyme Alkohol-Dehydrogenase und Aldehyd-Dehydrogenase in der Leber aus Methanol Formaldehyd und Ameisensäure herstellen. Diese beiden Substanzen sammeln sich im Körper, weil sie über die Niere nur sehr langsam ausgeschieden werden können. Es kommt zu einer gefährlichen Übersäuerung, lebenswichtige Organe wie Herz, Leber und Niere versagen, das Gehirn wird geschädigt, die Betroffenen drohen schon bei niedrigeren Dosierungen zu erblinden.

Wird die Gefahr rechtzeitig erkannt, kann man das Gift mit dem weniger schädlichen Gift vertreiben. Starker Schnaps oder eine Ethanol-Infusion können helfen, weil der „gute“ Alkohol sich wesentlich stärker an die Leberenzyme bindet und damit Methanol ausbootet. Diesen Zweck erfüllt auch die Substanz Fomepizol, die in Deutschland derzeit allerdings nur im Kampf gegen eine Vergiftung mit Ethylenglykol zugelassen ist. Das ist zum Beispiel in Frostschutzmitteln enthalten und wegen des süßen Geschmacks eine Gefahrenquelle für kleine Kinder.

Methanol seinerseits wird in Lösungsmitteln, Lacken und Farben verwendet. In Tierversuchen ist dessen Gefahrenpotenzial nicht immer zu erkennen, da Nagetiere seine Bestandteile besser verstoffwechseln. „Anders als bei der Verarbeitung von Methanol entsteht bei der von Ethanol neben Acetaldehyd Essigsäure, die Primaten – zu denen auch wir Menschen gehören – problemlos abarbeiten können“, sagt der Toxikologe Stahlmann. Dass auch sachgerecht produzierte und hochpreisige alkoholische Getränke in höherer Dosierung und auf Dauer Gift für den Organismus sind, stimmt natürlich trotzdem.

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