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Neurobiologie: Den Juckreiz besiegen

Bevor man sich kratzt, erst wissen, um welchen Typ es sich handelt.

Forscher wissen, dass es mindestens zwei Arten von Juckreiz gibt: einen, der durch Botenstoffe der Immunantwort, sogenannte Histamine, induziert wird, und einen, bei dem dies nicht der Fall ist. Neue Forschung legt nahe, dass der Körper - und möglicherweise das Gehirn - unterschiedlich auf diese beiden Juckreize reagiert.

Die Erkenntnisse könnten zu besseren Behandlungsmöglichkeiten der Empfindung führen, die Menschen zum Kratzen treibt. Das ist wichtig, da Juckreiz häufig nicht auf eine Medikation mit Antihistaminen wie Benadryl anspricht.

Ein Team um Clemens Forster, Wissenschaftler an der Universität Erlangen-Nürnberg, applizierte gesunden Probanden entweder Histamine oder den Extrakt der Kuhkrätze - auch Juckbohne genannt -, einer tropischen Pflanzen, die lange Zeit verwendet wurde, um nicht Histamin-induzierten Juckreiz zu untersuchen, auf den Unterarm. Anschließend zeichneten die Forscher den Blutfluss zur gereizten Hautstelle auf.

Jucken und kratzen

Beide Juckreiz auslösenden Stoffe verursachten eine Kontraktion der Blutgefäße der Haut. Im Fall von Kuhkrätze war die Reaktion jedoch stärker, berichtete Forster am 17. November auf dem Jahrestreffen der Society for Neuroscience in Washington DC. Bei den Freiwilligen, denen Kuhkrätze appliziert worden war, zeigte sich geringer Blutfluss in die Haut und der Effekt hielt länger an, im Vergleich zu denjenigen, denen Histamin appliziert worden war.

Die Wissenschaftler zeichneten ebenfalls auf, wie die Probanden den Juckreiz empfanden. Durch Kuhkrätze verursachter Juckreiz äußerte sich eher prickelnd, scharf und beißend verglichen mit Histamin-induziertem Juckreiz. Kratzen der juckenden Stellen brachte im Fall von Kuhkrätze keine so große Erleichterung wie im Fall von Histamin.

Die genauen neuronalen Mechanismen, die die Empfindung verursachen, sind bislang nicht bekannt, sagt Forster, fügt aber hinzu: "Juckreiz entsteht im Gehirn, nicht auf der Haut."

Von der Haut zum Gehirn

Die Erkenntnis, dass es unterschiedliche Reaktionen auf die beiden Arten des Juckreizes gibt, legt nahe, dass der Wunsch zu kratzen durch mindestens zwei Arten peripherer Nervenfasern induziert wird, sagt Matthias Ringkamp, Neurowissenschaftler an der Johns Hopkins University School of Medicine in Baltimore. "Es stellt eine Erweiterung unserer eigenen Arbeit dar."

Während des Sommers veröffentlichte Ringkamps Team Daten (1), die zeigen, dass verschiedene Nervenfasern des Zentralnervensystems und ihre Bahnen existieren, mit denen das Gehirn die beiden Juckreizempfindungen registriert.

Wissenschaftler können nun untersuchen, wie die peripheren Bahnen und das Zentralnervensystem in Verbindung stehen, sagt er - und möglicherweise bessere Behandlungsmöglichkeiten für beide Arten des Juckreizes finden.

(1) Johanek, L. M. et al. J. Neurosci. 28, 7659-7669 (2008)

Dieser Artikel wurde erstmals am 18.11.2008 bei news@nature.com veröffentlicht. doi: 10.1038/news.2008.1239. Übersetzung: Sonja Hinte. © 2007, Macmillan Publishers Ltd

Ashley Yeager

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