zum Hauptinhalt

Observatorium „Sofia“: Teleskop im Jumbo-Jet

Was passiert über den Wolken? Das fliegende Observatorium „Sofia“ soll die Geburt von Sternen beobachten.

Von Rainer Kayser, dpa

Behutsam ändert der Pilot den Kurs der Boeing 747. Dadurch ändert sich auch, wie von den Wissenschaftlern an Bord des Jumbo-Jets gewünscht, die Blickrichtung des Teleskops, das durch eine Luke im Rumpf in den nächtlichen Himmel blickt. Die Astronomen können nun eine weitere Gas- und Staubwolke im Sternbild Orion beobachten, eine Region, in der Sterne und Planeten entstehen.

In der Nacht zum 1. Dezember hat das deutsch-amerikanische „Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie“ (Sofia), seinen ersten Forschungsflug absolviert. Dabei konnte die fliegende Sternwarte gleich eine ihrer Stärken ausspielen. Im Gegensatz zu einem Weltraumteleskop können die Wissenschaftler bei Sofia projektabhängig Zusatzgeräte installieren. Diesmal setzten Terry Herter und sein Team von der Cornell Universität im US-Bundesstaat New York die hoch empfindliche Infrarotkamera „Forcast“ ein, um die Entstehung neuer Sterne im Orion zu untersuchen.

Infrarotstrahlung – oder Wärmestrahlung – ist für die Erforschung dichter Gas- und Staubwolken besonders gut geeignet. Zum einen, weil diese Regionen aufgrund ihrer Temperatur Wärmestrahlung aussenden, zum anderen, weil diese Strahlung die Wolken nahezu ungehindert durchdringen kann und so den Blick auf die Kinderstube der Sterne freigibt. Unglücklicherweise absorbiert der Wasserdampf in der Erdatmosphäre einen großen Teil der Infrarotstrahlung. Und es gibt noch ein Problem: Infrarotteleskope müssen gekühlt werden, da sie sonst selbst Wärmestrahlung aussenden und ihre eigene Beobachtung stören.

Der ideale Standort für die Infrarot-Astronomie ist daher das Weltall. Doch Weltraumteleskope wie das 2009 gestartete europäische „Herschel-Space-Observatory“ haben auch Nachteile. So kann nur eine begrenzte Menge an Kühlmittel mitgeführt werden. Bei Herschel reicht das flüssige Helium für rund drei Jahre Betrieb. Außerdem müssen die Astronomen sich mit der einmal ins All geschafften Ausstattung der Instrumente zufriedengeben, Nachrüsten ist nicht möglich.

„Indem das Fernrohr in einem Flugzeug untergebracht wird, können die Vorteile von Beobachtungen an irdischen Sternwarten mit denen aus dem Weltall vereint werden“, sagt Alfred Krabbe, Leiter des Deutschen Sofia-Instituts. Mit einer Flughöhe von 12 bis 15 Kilometern lässt Sofia bereits 99 Prozent des störenden Wasserdampfs unter sich – der Unterschied zum Weltraum ist marginal. Doch wie bei Fernrohren am Erdboden können die Forscher jederzeit Zusatzgeräte wie Kameras oder Spektrografen austauschen und die Teleskoptechnik modernisieren.

Trägerflugzeug von Sofia ist eine Boeing 747SP, die einen kürzeren Rumpf, eine größere maximale Flughöhe und eine größere Reichweite als ein normaler Jumbo-Jet hat. Das 17 Tonnen schwere Teleskop mit seinem 2,7 Meter großen Hauptspiegel ist durch ein Druckschott von der Kabine getrennt, in der während eines wissenschaftlichen Flugs neben der dreiköpfigen Crew bis zu 15 Forscher und Techniker mitfliegen können. Die fliegende Sternwarte ist für eine Betriebsdauer von 20 Jahren ausgelegt, wobei pro Jahr rund 160 Einsätze mit etwa 1000 Beobachtungsstunden vorgesehen sind.

Nach mittlerweile drei erfolgreichen Forschungsflügen ist Terry Herter ist mit den Ergebnissen seiner Beobachtungen zufrieden: „Sofia ist ein großartiges Infrarotteleskop.“ Die Qualität der Bilder übertreffe die Erwartungen, sie zeigen bisher unbekannte Strukturen in den Sternentstehungsgebieten des Orion.

Für März 2011 ist der Einsatz des „German Receivers for Astronomy at Terahertz Frequencies“ geplant. Mit diesem hoch präzisen Infrarotspektrometer will Rolf Güsten vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn die physikalischen und chemischen Bedingungen in den Gas- und Staubwolken untersuchen, in denen Sterne entstehen. Rainer Kayser

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false