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© - Foto: ddp

Ökologie: Das Moor, der unterschätzte Klimafeind

Der Anbau von Karotten hat auf den ersten Blick wenig mit dem Klimawandel zu tun. Wenn da nicht die Moorböden wären, auf denen Bauern Möhren aussäen: Trockengelegte Feuchtgebiete produzieren viele Treibhausgase.

Ist das Wasser aus dem Moor abgeleitet, wachsen die Karotten im lockeren Boden meist kerzengerade und lassen sich besser verkaufen. Bei Dürreperioden hat so ein Moorboden immer noch mehr Wasser als andere Äcker. Obendrein zersetzt sich der Torf in den obersten Schichten entwässerter Moorböden schnell und liefert dabei jede Menge Nährstoffe. Genau da aber sieht der Landschafts- und Vegetationsökologe Matthias Drösler von der Technischen Universität München (TUM) in Freising den Zusammenhang mit dem Klimawandel: Beim Zersetzen des Torfes entstehen jede Menge Treibhausgase.

Zwar sind nur acht Prozent der Äcker, Wiesen und Weiden in Deutschland Moorböden, sie liefern aber 40 Prozent der Treibhausgase, für die Bauern hierzulande verantwortlich sind. 4,5 Prozent der in Deutschland auf Grund menschlicher Aktivitäten insgesamt freigesetzten Treibhausgase entstehen so in den Moorböden, die nicht nur Karotten und Kartoffeln, sondern auch Gras für Rinder und andere Nutztiere liefern. Allein aus deutschen Moorböden entweichen daher jedes Jahr Treibhausgase, deren Wirkung auf das Klima ungefähr 41 Millionen Tonnen Kohlendioxid entspricht.

Die Moorböden spielen demnach beim deutschen Beitrag zum Klimawandel eine erheblich stärkere Rolle als bisher vermutet. Wie groß diese Rolle aber exakt ist, weiß bisher niemand genau, weil sie sehr stark von der Art des Bodens selbst, vom Wasserstand, von der Bodenbearbeitung und von der Witterung abhängen. TUM-Spezialist Drösler nennt als Beispiel den April 2007. Dieser Frühlingsmonat war sehr heiß, Regenwolken tauchten kaum auf. In den Moorböden sackte der Wasserstand daher deutlich ab. Dadurch reichte die Zone tiefer, in der kein Wasser stand und in der stattdessen reichlich Sauerstoff vorkam.

Diesen Sauerstoff aber nutzen die dort lebenden Mikroorganismen, um große Mengen von Pflanzenresten zu verdauen, die in Moorböden eingelagert sind. Dabei entsteht viel Kohlendioxid. Auf der Oberfläche eines nicht trockengelegten Moores wachsen normalerweise Moose, die einen Teil dieses Kohlendioxids wieder einfangen und mit Sonnenlicht in Biomasse umwandeln, bevor es in die Luft gelangt und als Treibhausgas wirkt. Eine längere Trockenheit aber zieht auch Moose so stark in Mitleidenschaft, dass sie kaum noch wachsen und daher nur noch wenig Kohlendioxid aufnehmen. Finnische Wissenschaftler haben gemessen, dass eine Trockenperiode so viel Treibhausgase aus einem natürlichen Moor freisetzen kann wie dieses in fünf Jahren ohne längeren Regenmangel gespeichert hat.

In normalen Jahren steht das Wasser in solchen Mooren kurz unter der Oberfläche. Stirbt eine Pflanze ab, liegt ein großer Teil von ihr rasch unter Wasser. Dort haben Mikroorganismen nicht genug Sauerstoff, um die Biomasse abzubauen. Langsam verwandeln die Pflanzenreste sich in Torf. Ein natürliches Moor fängt daher Kohlendioxid aus der Luft ein und lagert es für lange Zeit sicher ein, Moore sind also Kohlenstoff-Speicher.

Verbrennt der Mensch den Torf, um sein Haus zu heizen, setzt er das Kohlendioxid wieder frei. Entwässert er die Moore, entsteht an der Oberfläche eine große Zone, die nicht nur relativ trocken ist, sondern auch reichlich Sauerstoff enthält. Dort bauen Mikroorganismen genau wie bei einer Dürre in einem natürlichen Moor Pflanzenreste ab und produzieren dabei reichlich Treibhausgase. Welche Mengen dieser Treibhausgase freigesetzt werden, untersucht Drösler im Auftrag des Forschungsministeriums.

Wie die Emission von Treibhausgasen verringert werden kann, kann er bereits sagen: Entwässert der Bauer Moore und lässt dort Gras für sein Vieh wachsen, gelangen aus einem Hektar jedes Jahr Treibhausgase in die Luft, deren Klimawirkung zwei bis acht Tonnen Kohlendioxid entspricht. Beackert der Bauer dagegen das trockengelegte Moor, wird mit vier bis 16,5 Tonnen Kohlendioxid pro Hektar und Jahr ungefähr die doppelte Menge an Treibhausgasen klimawirksam. Wer daher Ackerland auf Moorböden in Grünland verwandelt, verringert die Klimabelastung erheblich. Noch besser ist es, die Gebiete wieder zu vernässen.

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