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Ökologie: Tödliche Beute

In Australien dezimieren Riesenkröten die Süßwasserkrokodile. Die giftigen Agakröten wurden einst aus Südamerika importiert, um einer Käferplage beizukommen.

Sie fressen alles, was nicht größer ist als sie selbst. Eidechsen, Mäuse und Singvögel werden mit der kräftigen, stark klebrigen Zunge in den Schlund gezogen, verschluckt und ersticken dadurch schnell. Agakröten gehören zu den gefräßigsten Froschlurchen der Welt. Die Weibchen können mehr als ein Kilogramm wiegen, die Tiere werden 25 Zentimeter lang und sind kannibalisch: Reihenweise werden kleinere Artgenossen von größeren Exemplaren gefressen.

Nun bedroht die Kröte sogar schwergewichtige Raubtiere – und damit die Fauna eines Weltkulturerbes: Im Kakadu-Nationalpark im Norden Australiens gibt es auf 20 000 Quadratkilometern einzigartige Tiere, darunter das Australische Süßwasserkrokodil. Vor allem Jungtiere dieser Spezies versuchen sich an den Agakröten. Doch in der Regel bleibt es bei einem einzigen Versuch: Die Riesenkröten sind derart giftig, dass selbst mehr als zwei Meter lange, knapp 100 Kilogramm schwere Krokodile qualvoll an ihnen verenden. Ursache dafür sind zwei dicke Drüsen, die sich am Krötenkopf befinden. Sie sondern ein starkes Gift ab, das den Herzmuskel angreift.

80 Prozent der Süßwasserkrokodile sind verendet

Biologen um Keith Christian von der australischen Darwin-Universität warnen nun davor, dass die Krokodile bald ganz aussterben könnten. Allein im Victoria River seien innerhalb eines Jahres fast 80 Prozent der Süßwasserkrokodile verendet, weil sie eine der giftigen Riesenkröten gefressen hätten.

Anders als die Tiere, die aufgrund des Krötengifts sterben, ist die Agakröte selbst in Australien nicht heimisch. Die Art stammt aus Südamerika, erst vor 70 Jahren wurden 110 Exemplare aus Venezuela nach Australien eingeführt. Die Froschlurche sollten in der Provinz Queensland die Larven von Käfern fressen, die die Ernte auf den Zuckerrohrplantagen vernichteten. Doch ausgerechnet die Schädlinge schmeckten den Kröten nicht – die Lurche wanderten weiter.

In ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet in Südamerika tragen spezialisierte Parasiten dazu bei, die Population des gefräßigen Lurches zu drosseln. Außerdem gibt es dort den Breitschnauzenkaiman, ein gegen das Krötengift resistentes Krokodil – das allerdings in Australien nicht vorkommt.

Die Kröten überleben auch Trockenperioden

In den Gewässern im Norden des fünften Kontinents legen die Agakröten weibchen so ungestört bis zu 35 000 Eier pro Saison ab. Anders als die meisten Lurche brauchen die Kröten sonst nur wenig Wasser. Die in vielen Teilen Australiens üblichen Trockenperioden überleben die Tiere, weil sie zeitweise bis zu 50 Prozent ihres Wassergehalts verlieren können. Zum Laichen werden notfalls selbst leicht salzige Gewässer genutzt.

Jedes Jahr weiten die Amphibien ihr Verbreitungsgebiet in Australien um bis zu 50 Kilometer in Richtung Westen aus. Experten versuchen seit Jahren, die Krötenplage einzudämmen. Molekularbiologen haben beispielsweise versucht, ein Virus in das Erbgut der Tiere einzuschleusen, das die Kröten unfruchtbar machen sollte, ohne den ökologischen Kreislauf zu stören. Ein anderes Expertenteam forscht an einem Gen, das eine automatische Geschlechtsumwandlung der Weibchen zur Folge haben soll. Doch bisher blieben alle Versuche erfolglos.

So fordern viele Experten weiterhin privates Engagement: In den Vororten australischer Städte werden die Agakröten mit Golfschlägern erschlagen, mit Gewehren erschossen oder von Hand eingesammelt, um geballt in Plastiktüten in der Tiefkühltruhe gefrostet zu werden. In großen Ladungen werden sie dann von spezialisierten Firmen zerschrotet. Immerhin: Zermahlen werden die Krötenreste von australischen Farmern als Dünger gelobt.

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