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Wissenschaftler des Forschungsschiffs "Marion Dufresne" messen im indischen Sektor des südlichen Polarmeers, wie viel Kohlendioxid im Ozean gelöst ist.

© N. Metzl

Ozean als Gegenspieler des Treibhauseffekts: Südpolarmeer bremst den Klimawandel

Rund um die Antarktis nimmt der Ozean mal mehr, mal weniger Kohlendioxid aus der Atmosphäre auf. Seit 2002 wirkt der Effekt dem Treibhauseffekt entgegen.

Das Südpolarmeer nimmt seit 2002 wieder mehr Kohlendioxid auf, nachdem es in den 1980er Jahren deutlich langsamer arbeitete. Das berichten Peter Landschützer von der Eidgenössisch-Technischen Hochschule (ETH) in Zürich und seine Kollegen in der Zeitschrift „Science“. Die Weltmeere schlucken große Mengen des Treibhausgases Kohlendioxid aus der Luft, ein Viertel des Klimagasausstoßes der Menschheit verschwindet in ihren Tiefen. So bremsen die Ozeane den Klimawandel – aufgrund natürlicher Prozesse. Allerdings hat die Natur selten ein gleichmäßiges Tempo.

Das Südpolarmeer schluckt 40 Prozent des atmosphärischen Kohlendioxids

Für das Weltklima sind solche Schwankungen in den Meeren südlich des 35. Breitengrads und damit südlich von Buenos Aires in Südamerika und der Südspitze Afrikas nicht unerheblich: 40 Prozent des weltweit von den Meeren aufgenommenen Kohlendioxids verschwindet dort im Wasser. Im Jahr 2007 hatten Forscher jedoch den Verdacht, dass die südlichen Ozeane weniger Treibhausgas schlucken würden, weil sich die großen Windsysteme und Meeresströmungen dort verändern. Diese Annahme stützte sich vor allem auf Modellrechnungen, berichtet Sara Mikaloff-Fletcher vom nationalen Institut für Gewässer- und Atmosphärenforschung (NIWA) in Neuseelands Hauptstadt Wellington ebenfalls in der Zeitschrift „Science“. Das bestätigt nun eine Analyse von 2,6 Millionen Messungen der Kohlendioxidkonzentration im Südpolarmeer.

Forschungsschiffe haben im Süden des Atlantiks, Pazifiks und Indischen Ozeans immer wieder Meerwasser an Bord gepumpt und gemessen, wie viel Kohlendioxid darin steckt. Je geringer die Konzentration dieses Treibhausgases im Wasser ist, umso mehr kann es aus der Luft aufnehmen. Zwischen 1980 und dem Jahrtausendwechsel stieg der Kohlendioxidgehalt im Südpolarmeer jedoch kräftig an. Damit konnte es weniger dieses Treibhausgases aus der Luft holen, zeigten nun Gruber und seine Kollegen.

"Roaring Forties" behindern die Kohlenstoffsenke

Die Ursache für diese Entwicklung ist wahrscheinlich der Klimawandel und das Ozonloch über der Antarktis. Beide verstärken die Westwinde, die in der Seefahrt als „Roaring Forties“ gefürchtet werden und in großem Abstand um die Antarktis herumwehen. Diese Winde blasen das Wasser an der Oberfläche des Südpolarmeers nach Norden. Zum Ausgleich steigt Wasser aus der Tiefe nach oben, das sehr viel Kohlendioxid enthält. „Dieses aufquellende Wasser kann daher weniger Treibhausgas aus der Luft aufnehmen“, sagt Gruber.

Ab 2002 änderte sich das anscheinend. Über dem südlichsten Teil des Pazifiks entsteht seither häufig ein riesiges Tiefdruckgebiet, das zunächst die Luft und dadurch auch den Ozean kräftig kühlt – er kann wieder mehr Kohlendioxid aufnehmen. Gleichzeitig strömt dort zwar auch mehr Oberflächenwasser nach Norden und das Aufquellen von kohlendioxidreichem Tiefenwasser verstärkt sich. Dieser Effekt ist aber schwächer als die Abkühlung. Insgesamt schluckt der Ozean wieder mehr Kohlendioxid. Im Gegenzug baut sich über dem äußersten Süden des Atlantiks ein Hochdruckgebiet auf, das Luft und Wasser wärmt. Dadurch kann das Meer zwar eigentlich weniger Kohlendioxid aufnehmen. Da sich aber gleichzeitig die Meeresströmungen abschwächen, quillt dort auch weniger kohlendioxidreiches Wasser aus der Tiefe und der Ozean kann mehr Treibhausgas aufnehmen. Auch über dem südlichsten Teil des Atlantiks überwiegt daher die Aufnahme des Treibhausgases.

Wie lange das Südpolarmeer den Klimawandel bremsen wird, wissen die Forscher allerdings nicht. „Wir rechnen nicht damit, dass die Kohlendioxidaufnahme dauerhaft steigt“, meint Gruber. Irgendwann ist die Kapazität jedes Müllschluckers erschöpft.

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