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Pazifik: Geophysiker erforschen Südsee-Vulkanismus

Bewegung unter dem Meer: Zwischen Samoa und der Osterinsel gibt es Hinweise auf ein Auseinanderreißen des Südpazifiks.

Palmen wiegen sich vor dem strahlenden Türkisblau der Südsee im Abendwind, die untergehende Sonne taucht den Strand in goldgelbes Licht. Dieses perfekte Urlaubsidyll im Südpazifik verdankt seine Existenz heißem Gestein, das aus mindestens 500 Kilometern Tiefe zum Meeresboden aufsteigt, erklärt Rainer Kind vom Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam. Da aus der Tiefe immer mehr Magma nachströmt, das im kühlen Wasser am Grund des Pazifischen Ozeans rasch erstarrt, bildet sich mit der Zeit ein Hügel am Meeresgrund, der irgendwann bis über den Meeresspiegel wächst.

So scheint eine ganze Reihe der malerischen Südsee-Inseln entstanden zu sein – darüber sind sich praktisch alle Geophysiker auf der Erde einig. Über die Details dieses Vulkanismus gehen die Meinungen unter den Forschern allerdings auseinander. Für das Entstehen der klassischen Südsee-Inseln wie Tahiti oder die Cook-Inseln gibt es nämlich zwei völlig unterschiedliche Theorien, schildert Rainer Kind einen Disput unter Geophysikern: Entweder steigt dort Material aus großer Tiefe auf oder die Vulkane bilden sich dort, wo der Boden des Südpazifik gerade auseinanderzureißen beginnt (siehe Grafik).

Hinweise für ein Auseinanderreißen des Südpazifiks entlang einer Linie zwischen Samoa und der Osterinsel glauben Valérie Clouard und Muriel Gerbault von der Universidad de Chile in Santiago gefunden zu haben (Earth and Planetary Science Letters, Band 265, Seite 195). Wie ein überdimensionaler Supertanker schiebt sich nach Meinung praktisch aller Geophysiker die gigantische Pazifische Platte, die große Teile des Pazifik umfasst, mit einer Geschwindigkeit von ungefähr fünf bis sieben Zentimetern im Jahr auf tieferen Schichten im Erdinneren nach Nordwesten. Diese Bewegung bestätigt das Satellitenortungssystem GPS für den Norden des Pazifik hervorragend. Für den Süden des größten Ozeans der Welt gibt es jedoch nur sehr wenige GPS-Messungen, die bisher aber alle eine ähnliche Geschwindigkeit zeigen.

Trotzdem nehmen die beiden Geophysikerinnen in Chile an, der südliche Teil des Pazifik würde sich langsamer als der nördliche Teil bewegen. Das schließen sie aus Beobachtungen der Erdplatte, auf der Australien, Neu-Guinea und Teile Neuseelands sowie der Südosten des Indischen Ozeans und der Südwesten des Pazifiks sich langsam nach Nordosten schieben. In den Weiten des Pazifiks gleitet diese Australienplatte auf die Pazifische Platte und drückt diese dabei in die Tiefe. Zwischen Samoa und der Nordinsel Neuseelands hat sich daher ein Tiefseegraben gebildet, dessen Grund an der tiefsten Stelle 10 882 Meter unter dem Meeresspiegel liegt.

Diese Kollisionszone zwischen der Australischen und der Pazifischen Platte verlagert sich im Laufe der Zeit anscheinend langsam nach Westen, schließen die beiden Geophysikerinnen aus GPS-Daten. Ganz im Norden aber scheint diese Verlagerung etwas schneller als weiter im Süden zu sein. Daraus folgern die Forscherinnen, dass sich der Norden der Pazifischen Platte schneller als der Süden bewegt. Modellrechnungen im Computer zeigen ihnen dann auch, dass dieses unterschiedliche Tempo mit der Zeit die beiden Hälften der Platte südlich des Äquators etwa entlang einer Linie zwischen den Samoa-Inseln und der Ostinsel auseinanderreißen müsste. Ähnlich zerreißt zum Beispiel ein Blatt Papier, das leicht gegen eine Tischplatte gedrückt wird, während seine obere Hälfte schneller als die untere in eine Richtung gezogen wird.

Bildet sich unter dem Pazifik tatsächlich ein Riss, wäre natürlich auch der Vulkanismus erklärt, der die vielen Inseln gerade in diesem Bereich entstehen lässt. Genau an diesen Stellen hat das Zerreißen der Pazifischen Platte dann bereits begonnen. An diesem Riss kann dann glutflüssiges Gestein aus dem Erdinnern nach oben steigen und die Vulkane bilden, aus denen zum Beispiel die Cook-Inseln entstanden sind.

Da die Pazifische Platte in den Augen eines Geophysikers nicht sehr dick ist, dürfte das aufquellende Magma nach diesem Modell allerdings nur aus Tiefen von weniger als 100 Kilometern stammen. Als Rainer Kind und seine Kollegen am GFZ und am Nationalen Geophysikalischen Forschungszentrum von Indien in Hyderabad mithilfe von Erdbebenwellen aber die Tiefe analysierten, aus denen das Magma bei Vulkanausbrüchen im Süd-Pazifik stammen muss, kamen sie auf ganz andere Werte: Das Gestein kommt aus Tiefen von mindestens 500 Kilometern unter der Erdoberfläche. So tief aber reichen die Platten nicht einmal unter Gebirgen, die Pazifische Platte ist noch viel flacher.

Der Vulkanismus stammt demnach eher von „Plumes“ – Magmaströme, bei denen aus bis zu 3000 Kilometern Tiefe Gestein aus der Tiefe aufsteigt und nach langen Jahrtausenden ein Südsee-Idyll mit Palmen und Strand bildet.

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