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Wissen: PC-Maus prägt Lernvorgänge im Gehirn Bereits nach Wochen zeigen sich Effekte

Computer verändern nicht nur den Lebensstil, sie verewigen sich auch im Gehirn. So scheint es eine der leichtesten Übungen am Rechner, per „Maus“ auf dem Bildschirm herumzuklicken.

Computer verändern nicht nur den Lebensstil, sie verewigen sich auch im Gehirn. So scheint es eine der leichtesten Übungen am Rechner, per „Maus“ auf dem Bildschirm herumzuklicken. Doch das Hirn ist dabei unablässig aktiv. Es muss die meist kleinen Bewegungen der Hand stets mit den größeren des Mauszeigers abgleichen. Und das hinterlässt seine Spuren, wie Forscher aus den USA und China jetzt belegen können. Regelmäßige Mausbedienung verändert demnach die Bewegungsverarbeitung im Gehirn. Das gilt sogar bei Neulingen schon nach kurzer Zeit, schreibt das Team im Fachblatt „Current Biology“. Damit ist die Wirkung moderner Technik auf motorische Fähigkeiten nachgewiesen.

„Computer haben das Problem, dass Bildschirme verschiedener Größe einen anderen Streckenzuwachs liefern als Computermäuse“, erklärt Konrad Kording von der Northwestern University. Den ständigen Abgleich, eine visuomotorische Transformation, erleichtert sich das Gehirn und speichert die Bewegungszusammenhänge in den Neuronen.

Allerdings gelten sie nicht mehr, wenn danach größere oder kleinere Bildschirme zu bedienen sind, sagt Kording. Es sei denn, das Hirn hat sich den grundlegenden Zusammenhang gemerkt. „Wenn man das gut verallgemeinern kann, muss man die Maus später nur einmal bewegen und ist wieder ‚kalibriert’.“

Gemeinsam mit Psychologen der Universität Peking untersuchte das Northwestern-Team diese Verallgemeinerung des Gehirns an 18 chinesischen Wanderarbeitern. Neun von ihnen, im Schnitt 42 Jahre alt, nutzten Computer regelmäßig. Neun weitere, durchschnittlich 38 Jahre alt, waren Neulinge. Eine dritte Gruppe von neun rund 22-jährigen Studenten diente als Kontrollgruppe.

Alle unterzogen sich einem visuomotorischen Standardtest. Sie mussten einen Mauszeiger bewegen, während ihre Hand verdeckt lag. Dabei lernten sie für eine vorgegebene Richtung schnell, wie sehr sich die Strecke am Bildschirm und die Mausstrecke unterschieden. Ihre Fähigkeit zur Verallgemeinerung zeigte sich daran, wie schnell sie diese Unterschiede auch in anderen Richtungen umsetzen konnten.

Tatsächlich war es nicht die Lerngeschwindigkeit, worin sich die Computernutzer von den Neulingen unterschieden – es war die Fähigkeit zur Verallgemeinerung. Die erfahrenen Mausbediener konnten das Gelernte messbar schneller in alle Himmelsrichtungen umsetzen, sie wussten also bereits, was sie erwartete. Das galt ebenso für die Studentengruppe. Die Probanden, die nie zuvor einen Computer genutzt hatten, lernten den Distanzunterschied zwar beinah ebenso schnell. Sie brauchten aber länger, um das Gelernte auf andere Bewegungsrichtungen zu übertragen.

Jetzt gingen Kording und Kollegen noch weiter ins Detail: Sie trainierten zehn weitere Computerneulinge zwei Wochen lang am Rechner. Die Probanden sollten mindestens zwei Stunden am Tag Spiele spielen, welche intensiven Mauseinsatz forderten: beispielsweise den Klassiker „Pong“. Vor und nach den Trainingswochen kontrollierten die Forscher die Verallgemeinerungsfähigkeit. Schon zwei Wochen Übung genügten, um die Lerngeschwindigkeit für neue Bewegungsrichtungen auf das Niveau geübter Computernutzer zu heben.

„Verallgemeinerung muss gelernt werden“, sagt der Hauptautor Kunlin Wei von der Universität Peking zusammenfassend. Dies ist ein wichtiger Punkt für praktische Anwendungen der Ergebnisse – etwa für das Verallgemeinern gelernter Bewegungen in der Medizin. Das Team denkt zum Beispiel an Bewegungen, die ein Patient im standardisierten Umfeld einer Rehaklinik lernt, sagt Kording. „Wenn wir Patienten dazu bringen könnten, vom Training in der Klinik zu Hause zu verallgemeinern, dann würde das Krankenhaustraining den Alltag maximal verbessern.“ Dörte Saße (wsa)

Dörte Saße (wsa)

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