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Pharmakologie: Rotwein-Ersatzstoff kann Diabetes bekämpfen

Ein chemischer Verwandter eines Rotwein-Bestandteils stellt Insulinempfindlichkeit bei Mäusen wieder her.

Medikamente, die den gesundheitserhaltenden Effekt eines chemischen Bestandteils von Rotwein nachahmen, könnten die Basis der nächsten Generation der Diabetes-Behandlung darstellen.

Resveratrol, ein Bestandteil des Rotweins, ist bekannt dafür, die Schäden, die durch fette Ernährung entstehen, zu mildern und durch Fett hervorgerufenen Erkrankungen zu bekämpfen. Tests mit Mäusen lassen jedoch annehmen, dass Galonen von Wein oder eine Pille in Übergröße nötig wären, damit Menschen denselben Nutzen daraus ziehen könnten.

Nun haben Wissenschaftler etliche chemische Stoffe entdeckt, die Resveratrol nachahmen, positive Effekte jedoch schon bei wesentlich geringeren Dosen entwickeln. In Tests mit Mäusen hat sich das Medikament als ebenso gut wie eine andere Therapie der Typ-II-Diabetes erwiesen und wird demnächst an Menschen getestet.

Die Medikamente könnten eine Alternative zu Diabestes-Behandlungen darstellen, die den Blutzuckerspiegel senken, bei einigen jedoch Herzprobleme verursachen.

Einfluss auf den Stoffwechsel

Bei Mäusen reguliert Resveratrol die Glukoseausschüttung, hält ihre Leber gesund und den Insulinspiegel niedrig (1). Wissenschaftler gehen davon aus, dass dieser Effekt der Fähigkeit der Substanz geschuldet ist, ein Protein mit der Bezeichnung Sirt1 zu aktivieren, das den Stoffwechsel beeinflusst. Um dies zu bestätigen und potentere Pharmazeutika zu finden, suchten Christoph Westphal, Biologe und CEO bei Sirtis Pharmaceuticals in Cambridge, Massachusetts, und sein Team nach weiteren Substanzen, die Sirt1 in die Höhe treiben.

Nachdem sie sich durch eine halbe Million Chemikalien gearbeitet hatten, hatte die Gruppe etliche entdeckt, die Sirt1 in wesentlich niedrigeren Dosen aktivieren als Resveratrol. Eine der Substanzen, SRT1720, erwies sich in biochemischen Tests als etwa tausend Mal potenter.

Westphals Team verabreichte gemästeten Mäusen geringe Dosen SRT1720, und der Blutzuckerspiegel der Mäuse sank im Vergleich zu fetten Mäusen, die nicht behandelt wurden. Das Medikament entsprach einer eingeführten Typ-II-Diabetes-Behandlung hinsichtlich der Wiederherstellung der Insulinsensitivität. Bei zwei weiteren Tiermodellen zum Test von Diabetes-Medikamenten senkt SRT1720 den Blutzuckerspeigel ebenfalls, wie in Nature berichtet wird (2).

Resveratrol bekämpft Diabetes ebenfalls, indem es die Insulinsensitivität wiederherstellt, man braucht dafür jedoch fünfmal höhere Dosen als von SRT1720.

SRT1720 hat bei Mäusen nur wenige Nebenwirkungen, vielleicht weil Sirt1 und seine Verwandten - Sirtuine genannt - natürlicherweise aktiviert werden, wenn Mäuse Diät halten, sagt Westphal. "Wenn man die Kalorienzufuhr einschränkt und sich bewegt, steigen die Sirtuinlevel, und niemand sagt, dass das unsicher ist", erklärt er.

Mehr als Diabetes

Klinische Sicherheitstests für SRT1720 als Diabetes-Medikament sollen in der ersten Jahreshälfte 2008 beginnen. Es gibt keine Garantie, dass es sich als sicher und wirksam bei der Behandlung von Menschen erweisen wird, sagt Guilo Pasinetti, Biologe an der Mount Sinai School of Medicine in New York. "Die Feuerprobe besteht immer darin, es auf Menschen anzuwenden."

Westphals Team hält gleichfalls Ausschau nach anderen Erkrankungen, bei denen es zur Anwendung kommen könnte. Die Aktivierung von Sirt1 könnte ebenfalls dazu beitragen, die Zellschäden zu beschränken, die Erkrankungen verursachen, mit dem Alter einhergehen, wie Krebs, Alzheimer und Herzerkrankungen, sagt Leonrad Guarrente, Biologe am Massachusetts Institute of Technology in Cambridge, der als Berater für Sirtis tätig ist.

"Man möchte denken, dass das Feld mehr umschließt als Stoffwechselerkrankungen", sagt er. "In einer perfekten Welt würde es bei allen altersbedingten Erkrankungen helfen."

(1) Baur, J. et al. Nature 444, 337-342 (2007) (2) Milne, J. et al. Nature 450, 712-716 (2007)

Dieser Artikel wurde erstmals am 28.11.2007 bei news@nature.com veröffentlicht. doi: 10.1038/news.2007.305. Übersetzung: Sonja Hinte. © 2007, Macmillan Publishers Ltd

Ewen Callaway

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