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POSITION: Für Mathe motivieren

In den schwierigen MINT-Fächern muss die Lehrerbildung besser werden.

Lehrer werden ist nicht schwer, Lehrer sein dagegen sehr. Umfragen zufolge trifft diese Abwandlung des berühmten Busch-Zitats für viele Pädagogen den Nagel auf den Kopf. Die große Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis, zwischen den im Studium erlernten Inhalten und den Lebenswelten an der Schule, ist für viele die Hauptursache für Frust, Überlastung und ein frühes Ausscheiden aus dem ehemaligen Traumberuf. Dabei sind gute, motivierte Lehrkräfte das A und O für so viele Bildungskarrieren. Erinnern wir uns doch alle an die Lehrer, die uns für Themen besonders begeistern konnten und natürlich auch an diejenigen, die uns ein Fach verleidet haben.

Gerade in den als schwierig und zu theoretisch geltenden MINT-Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik war es für die meisten entscheidend, wer vor der Tafel stand. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Tatsächlich ist es aber für die Lehrkräfte auch eine große Herausforderung, diese Fächer anschaulich und am praktischen Nutzen orientiert zu vermitteln.

Weil aber guter MINT-Nachwuchs so entscheidend für den Standort Deutschland ist, weil MINT-Bildung in einer technisierten Welt ein wesentlicher Teil der Allgemeinbildung sein muss und weil es ohne gute MINT-Lehrer weder gute Bildung noch genügend Nachwuchs in diesen Fächern geben kann, erheben sich seit einiger Zeit immer mehr Stimmen für bessere Lehrerbildung. Eine laute und vernehmbare Stimme will das Nationale MINT-Forum sein. Das Forum, in dem sich 2012 auf Anregung der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (Acatech) und der Initiative „MINT Zukunft schaffen“ 24 in der MINT-Bildung aktive Organisationen zusammengeschlossen haben, hat sich die Lehrerbildung als einen seiner Arbeitsschwerpunkte ausgesucht.

Beim 1. Nationalen MINT-Gipfel im Juni wurden zehn Handlungsempfehlungen zur Lehramtsausbildung veröffentlicht, die inzwischen bundesweit breit verteilt sind. Von besonderer Bedeutung ist dabei sicherlich die Empfehlung Nummer eins. Sie fordert, der Lehramtausbildung an den Hochschulen einen höheren Stellenwert beizumessen. Denn Tatsache ist: Während die Fachwissenschaften auf hohem Niveau forschen und lehren – was ihnen nur schwerlich vorzuwerfen ist –, befinden sich die Fachdidaktiken häufig im Hintertreffen. Die Ausstattung – falls überhaupt vorhanden – ist vielfach nur dünn, das Renommee im Vergleich mit den Fachwissenschaften eher gering. Die Folge: Den angehenden Lehrkräften fehlt es häufig an ausreichend didaktischem Know-how. Vor allem in den MINT-Fächern ist das keine gute Voraussetzung für guten Unterricht, weil es dafür beides braucht: eine gute fachliche und eine fundierte fachdidaktische Ausbildung.

Glücklicherweise gibt es Silberstreifen am Horizont. Seit einigen Jahren richten immer mehr Hochschulen Schools of Education oder Zentren für Lehrerbildung ein. Damit findet nicht nur die Lehrerbildung eine Heimat an der Hochschule, damit können auch die Fachdidaktiken entscheidend gestärkt werden, um als „Berufswissenschaft der Lehrkräfte“ ihre wichtige Klammerfunktion zwischen Fach- und Bildungswissenschaften einzunehmen. Besonders begrüßenswert ist in diesem Umfeld die „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“, auf die sich die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz aus Bund und Ländern geeinigt hat. Hier sind auch Konzepte gefragt, die die Fachwissenschaften, Fachdidaktiken und Bildungswissenschaften in der Lehrerausbildung wirkungsvoll miteinander verzahnen.

Damit folgen Bundes- und Landesregierungen einem Weg, den die Deutsche Telekom Stiftung schon seit einigen Jahren geht. Seit 2009 unterstützt die Stiftung vier Universitäten bei der Umsetzung innovativer Konzepte und Ideen in der MINT-Lehrerbildung. Die Evaluation dieser Vorhaben zeigt, dass moderne Lehrerbildung funktionieren kann, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen und ihre Kräfte bündeln, um den Studierenden gemeinsam das notwendige fachliche, fachdidaktische und pädagogische Handwerkszeug zu vermitteln.

Dies muss der Weg in die Zukunft sein. Denn nur so kann es den Hochschulen gelingen, eine ihrer zentralen gesellschaftlichen Aufgaben zu erfüllen: eine hervorragende Lehramtsausbildung anzubieten.

Der Autor ist Geschäftsführer der Deutsche Telekom Stiftung und unter anderem Leiter des Arbeitskreises Bildung im Bundesverband Deutscher Stiftungen. Im Nationalen MINT-Forum ist er Vorsitzender der Arbeitsgruppe „Lehreraus- und Lehrerweiterbildung in den MINT-Fächern“.

Ekkehard Winter

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