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Studieren am Strand. Der Campus Wilhelminenhof der HTW.

© HTW/Rentsch

Präsidentenwechsel an der HTW Berlin: Berlins größte Fachhochschule im "Rückenwind"

Die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin hat einen neuen Präsidenten. Im Interview fordert Klaus Semlinger für seine Institution das Promotionsrecht ein.

Herr Semlinger, Sie werden am 1. Oktober Präsident der HTW, im Jahr des 20. Jubiläums der Hochschule. Wo steht Berlins größte Fachhochschule und wo soll sie hin?

Nicht nur im Rahmen dessen, was in Berlin möglich ist, steht die HTW gut da. Wir haben ein attraktives breitgefächertes Studienangebot, das nicht zuletzt in Arbeitgeberumfragen als sehr gut bewertet wird, ein stark wachsendes Forschungsaufkommen und unser neuer Campus in Oberschöneweide bietet hervorragende Möglichkeiten zur Begegnung. Das müssen wir ausschöpfen. Professoren, die verschiedenen Fachbereichen zugeordnet sind, aber in überlappenden Themenfeldern arbeiten, sollen noch enger zusammenkommen. Dabei wird es auch um eine engere Vernetzung mit unserem zweiten Campus in Karlshorst gehen. Unser großes Potenzial liegt in den Schnittstellen der verschiedenen Disziplinen.

Und in der Lehre?

In der Lehre haben wir Rückenwind. Wir haben als erste Berliner Hochschule die Systemakkreditierung geschafft. Damit haben wir das Recht bekommen, die Qualität unserer Studiengänge selbst zu kontrollieren. Das muss jetzt auch inhaltlich fruchtbar gemacht werden. Und wir werden versuchen, durchlässiger zu werden – zur beruflichen Bildung und für Studieninteressierte aus Nicht-Akademiker-Familien sowie Menschen mit atypischen Bildungsbiografien.

Wenn jemand im Bachelor Informatik oder Maschinenbau studieren möchte, wann sollte er dann lieber an die HTW kommen und nicht zur TU Berlin gehen?

Generell ist das Studium bei uns anwendungsorientiert und an der Universität eher theorieorientiert. Praxisorientierte Studierende wollen wissen, wozu sie etwas lernen. Bei uns werden Mathe und Physik als Instrumente behandelt. Wir bemühen uns darum, dass auch diese Grundlagenfächer in der Anwendung, also an konkreten Aufgaben gelernt werden können. Die abstrahierende Vermittlung an der Uni trifft häufig nicht die Erwartung vieler Studierender. Sie wechseln dann im zweiten Anlauf zur Fachhochschule.

Klaus Semlinger (61), Professor für Volkswirtschaftslehre, ist seit 2002 Vizepräsident für Lehre der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin. Am 1. Oktober wird er ihr Präsident.
Klaus Semlinger (61), Professor für Volkswirtschaftslehre, ist seit 2002 Vizepräsident für Lehre der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin. Am 1. Oktober wird er ihr Präsident.

© Promo

Und wer von Ihren Bachelor-Absolventen sollte für den Master die HTW lieber verlassen und an die Uni wechseln?

Bei Masterstudiengängen wird unterschieden in anwendungs- und forschungsorientierte Programme. Wir bekennen uns zum Auftrag einer Fachhochschule. Deshalb bieten wir zumeist anwendungsorientierte und nur wenige forschungsorientierte Masterprogramme an. Es kommt also darauf an, ob sich im Laufe des Studiums die Orientierung eines Studierenden verändert hat, und ob wir dann ein entsprechendes Angebot bereithalten.

Fordern Sie das Promotionsrecht?

Solange wir Schwierigkeiten haben, für die Promotion unserer Masterabsolventen Partner an den Universitäten zu finden, werden wir das Promotionsrecht fordern. Die Widerstände aufseiten der Universitäten liegen dabei übrigens häufig gar nicht so sehr auf der Ebene der Präsidien, sondern bei den Fakultäten.

Sollten Professoren an Fachhochschulen weniger unterrichten müssen, um mehr Zeit für die Forschung zu haben?

Professoren an Fachhochschulen unterrichten 18 Wochenstunden, also doppelt so viel wie Professoren an Universitäten. Dabei haben auch sie einen expliziten Forschungsauftrag, eben in der anwendungsnahen Forschung und in Verbindung mit kleinen und mittleren Unternehmen. Der Aufwand in der Lehre ist aber enorm, und er ist mit der Einführung von Bachelor und Master noch einmal gewachsen. Hinzu kommen vielfältige Gutachteraufgaben und eine Vielzahl von Managementaufgaben im Hochschulbetrieb. Auf einen Mittelbau können sich Fachhochschulen dabei nicht stützen. Die HTW bräuchte eigentlich Dutzende von zusätzlichen Professorenstellen. Wir funktionieren nur, weil die Professoren, die wir haben, aber auch die anderen Mitarbeiter sich sehr engagieren.

Die Finanzierung der Berliner Hochschulen hängt entscheidend davon ab, ob sie „volllaufen“, also die Vorgaben des Berliner Senats erfüllen. Andernfalls werden ihnen Mittel gestrichen. Fällt es der HTW leicht, „vollzulaufen“?

In manchen Fächern ist das kein Problem. Design, Medien und BWL haben immer genügend Bewerbungen. In den MINT-Fächern ist es aber schwierig. Im Moment lassen wir in manchen Studiengängen darum nahezu jeden zu. Das machen die großen Berliner Universitäten aber auch. Um die geforderten Anfängerzahlen zu erreichen, müssen wir zudem überbuchen, weil Studiengangwechsler nicht mitgezählt werden. Aber der Überbuchung sind enge Grenzen gesetzt. So sind unsere Räume auf kleine Gruppen ausgelegt. Zusätzliche Lehrveranstaltungen aufzumachen ist deshalb nicht nur teuer, uns fehlt auch der Platz.

Es wird damit gerechnet, dass die Studierendenwelle sich nach 2020 etwas legt. Manche Hochschulen werden schrumpfen müssen. Auch die HTW?

Das wird von der Finanzierung der Hochschule abhängen. Schon jetzt klemmt es überall und manches ist unsicher, etwa, wie und auf welchem Niveau es mit den Mitteln aus dem Hochschulpakt von Bund und Ländern weiter geht. Schon heute haben wir viele studienbegleitende Serviceangebote wie etwa unsere Existenzgründungsförderung und unseren Career Service mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds finanziert, und das entfällt, zumindest teilweise. Natürlich bemühen wir uns weiterhin, attraktiv zu bleiben. Und wir intensivieren unsere Werbung. So modernisieren wir erneut unseren Web-Auftritt, und wir entwickeln neue Formate der Information und Einstiegshilfe, gerade auch für die MINT-Fächer.

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