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Prekariat und Wissenschaft: Die GEW fordert feste Jobs für alle Uni-Mitarbeiter

Die Zahl der nur befristet beschäftigten Wissenschaftler ist deutlich angestiegen. Die GEW will nun erreichen, dass die Hochschulen sich selbst auf Standards für ihr Personal verpflichten

Die Zahl der nur befristet beschäftigten Wissenschaftler ist deutlich angestiegen. Die GEW will nun erreichen, dass die Hochschulen sich selbst auf Standards für ihr Personal verpflichten. Dazu stellte sie am Donnerstag in Berlin einen Leitfaden vor, an dem die Hochschulen sich orientieren können. „Hire and fire“ – darunter litten nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch die Qualität der Forschung, sagte Andreas Keller vom GEW-Vorstand.

Der „Herrschinger Kodex“, benannt nach dem Ort am Ammersee, an dem die GEW ihn erarbeitete, strebt einen kompletten Systemwandel an. Bislang gibt es im wissenschaftlichen Mittelbau kaum unbefristete Stellen. Von jüngeren Wissenschaftlern wird erwartet, dass sie es entweder auf eine Professur schaffen oder das System verlassen. Tatsächlich hangeln sich aber viele bis in ein hohes Alter von Zeitvertrag zu Zeitvertrag.

Im „Herrschinger Kodex“ sollen die Hochschulen nun unterschreiben, dass sie auf befristete Beschäftigungsverhältnisse weitgehend verzichten. Nur Stellen, auf denen sich Doktoranden oder Habilitanden qualifizieren, oder aus Drittmitteln finanzierte Positionen sollen befristet sein. Die unbefristete Vollzeitstelle soll für wissenschaftliche, technische oder administrative Mitarbeiter die Regel sein, das soll auch für Lehrkräfte für besondere Aufgaben gelten. Arbeitsverträge, die aus Drittmitteln finanziert werden, müssen mindestens der Laufzeit des Projekts entsprechen.

Doktoranden sollen üblicherweise auf einer Vollzeitstelle forschen, auf der mindestens zwei Drittel der Zeit der Dissertation gewidmet werden können. Alle doktorierten Mitarbeiter (Postdocs) sollen eine Tenure-Track-Option bekommen, also eine Chance auf eine Dauerstelle: Hat der Mitarbeiter die Zielvereinbarungen in Lehre, Forschung und Management in drei bis sechs Jahren erreicht, wird ihm eine unbefristete Stelle angeboten. Von dieser könnte er auch auf eine Professur berufen werden.

Die GEW beruft sich auf die Praxis in anderen Ländern (siehe Grafik) sowie auf Statistiken und eigene Berechnungen: Demnach stieg die Zahl der Studierenden zwischen 1997 und 2010 zwar um 21 Prozent, doch die Zahl der Professuren nur um fünf Prozent (auf knapp 40 000). Die Zahl der befristet als Lehrbeauftragte Beschäftigten wuchs um 102 Prozent, die der auf schlecht bezahlten Stellen als wissenschaftliche Hilfskräfte forschenden Doktoranden um 67 Prozent. Auf einen unbefristeten Mitarbeiter kämen inzwischen acht befristete – im Jahr 2005 habe das Verhältnis noch eins zu vier betragen. 53 Prozent der befristeten Verträge haben nach Angaben der GEW eine kürzere Laufzeit als ein Jahr.

Als Ursachen für die Entwicklung nannte Keller befristete Programme wie den Hochschulpakt und die Exzellenzinitiative sowie die zunehmende Abhängigkeit der Unis von Drittmitteln. akü

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