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Professorinnen vor. Der Wissenschaftsrat will, dass endlich die Potenziale von Frauen ausgeschöpft werden.

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Professoren-Besoldung: „Die Unis haben erhebliche Spielräume“

Vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die W-Besoldung: Theresia Bauer (Grüne), Wissenschaftsministerin in Baden-Württemberg, spricht im Interview über den Sinn von Grundgehältern und Leistungszulagen.

Frau Bauer, das Bundesverfassungsgericht urteilt am Dienstag über die Besoldung von Professoren. Ein Marburger Hochschullehrer findet sein Grundgehalt zu niedrig. Leuchtet Ihnen das ein?

Ich habe in gewissem Maß Verständnis dafür. Man kann so etwas überprüfen lassen. Aber auf der anderen Seite sollte man sehen, dass die Bezahlung nicht nur aus dem Grundgehalt besteht, sondern auch Leistungsbezüge gezahlt werden. Insofern bin ich gespannt, was Karlsruhe hier für eine Auffassung vertritt.

Ist es auch denkbar, dass ein Professor nach ein paar Dienstjahren nicht in den Genuss solcher Aufschläge kommt?

Wichtig ist, dass das Grundgehalt akzeptabel sein muss, damit über Leistungsbezüge echte Spielräume geöffnet werden, tatsächlich Leistung zu belohnen. Wenn das Grundgehalt aber so niedrig ist, dass die Leistungsbezüge quasi zum festen Lohnbestandteil werden, dann ist der Sinn eines Leistungsbezugs konterkariert.

Sehen Sie die Gefahr, dass zumindest ein Teil der Zuschläge von den Hochschulpräsidenten nicht nach klaren Kriterien vergeben wird, sondern nach Gutdünken?

In Baden-Württemberg haben wir klare Spielregeln dafür und sorgen für Transparenz. Es ist Aufgabe der Länder, das sicherzustellen.

Baden-Württemberg besoldet anders als andere Länder alle Universitätsprofessoren mit dem höheren W3-Gehalt. Sehen Sie dem Urteil aus Karlsruhe darum gelassen entgegen?

In der Tat sind wir nicht direkt betroffen, da wir derzeit an Universitäten keine W2-Besoldung haben. Und selbst mit W2 würde sich dieser Professor in Baden-Württemberg geringfügig besser stellen.

Welches Gehalt kann eine weltweit anerkannte Kapazität in Baden-Württemberg aushandeln?

Wir haben in Baden-Württemberg ein außerordentlich flexibles Instrumentarium geschaffen, um die besten Köpfe aus der ganzen Welt anwerben zu können. Hier haben die Universitäten erhebliche Spielräume. Selbst 5900 Euro Leistungsbezug können im Einzelfall sogar noch überschritten werden. Klar ist aber auch, dass den Hochschulen Grenzen gesetzt sind durch den budgetierten Gesamtbetrag sämtlicher Leistungsbezüge, den sogenannten Vergaberahmen für jede Hochschule. Dass dieser Rahmen eingehalten wird, dafür tragen die Hochschulen natürlich Verantwortung.

Die Länder müssen entscheiden, wie wichtig ihnen Wissenschaft und Forschung ist

Theresia Bauer (Grüne), Wissenschaftsministerin in Baden-Württemberg.
Theresia Bauer (Grüne), Wissenschaftsministerin in Baden-Württemberg.

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Können Sie sagen, wie hoch der Anteil solcher Spitzenkräfte an der Professorenschaft des Landes insgesamt ist?

Wir geben unseren Universitäten in dieser Frage erhebliche Spielräume. Diese Zahlen fallen unter die Autonomie der Universitäten.

Sollte Karlsruhe die Grundgehälter für zu niedrig halten, müssten die Länder sie aufstocken. Dann gäbe es aber weniger Spielräume für Leistungszulagen. Würde Deutschland dann mehr Spitzenkräfte ins Ausland verlieren, etwa an die Schweiz oder die USA?

Ich denke, wir sollten jetzt in aller Ruhe das Urteil und die Begründung abwarten und dann schauen, ob etwas zu veranlassen ist. Aber ich bin sicher, dass die Frage, wie wir Hochschullehrer motivieren können, zu kommen oder zu bleiben, nicht allein eine Frage des Grundgehalts ist. Da spielen noch ganz andere Faktoren eine Rolle, zum Beispiel die jeweilige Ausstattung der Hochschule, die Forschungsbedingungen oder auch der exzellente Ruf einer Universität. Da haben wir ja in Baden-Württemberg einige exzellente Universitäten, das ist natürlich hoch attraktiv für Wissenschaftler. Es spielen aber auch Faktoren wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine Rolle, gerade auch für Nachwuchswissenschaftler.

Deutschland hat etwa 40.000 Professorinnen und Professoren, aber nur wenige Dauerstellen im Mittelbau. Wäre es sinnvoll, lieber weniger, aber dafür besser bezahlte Professoren zu haben und dafür mehr entfristete Wissenschaftler im Mittelbau?

Ich glaube nicht, dass die Rückkehr zu alten Verkrustungen – ich denke da nur an die alten akademischen Oberräte – der Weg ist, den wir gehen sollten. Unbestritten ist aber, dass wir bessere Karrierewege für junge Wissenschaftler aufzeigen und schaffen müssen. Es gibt derzeit ein wahnsinnig enges Nadelöhr zwischen den befristeten Stellen jüngerer Wissenschaftler und den Dauerstellen. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass jüngere Wissenschaftler früher auf selbstständige Professorenstellen kommen, die ihnen Flexibilität verschaffen.

Die rot-grüne Bundesregierung hat die W-Besoldung 2005 als Anreiz eingeführt. Professoren, die mehr leisten, sollen auch mehr Geld verdienen. Haben Professoren seitdem tatsächlich mehr geleistet?

Die Flexibilisierung, die angestrebt war, ist auf jeden Fall der richtige Weg. Wir haben aber aufgrund des kurzen Zeitraums noch viel zu wenige Erfahrungen, um uns darüber ein echtes Urteil bilden zu können; zumal wir an den Universitäten gerade einen großen Generationenwechsel erleben, der Vergleichbarkeit schwierig macht.

Ist es überhaupt nötig, Wissenschaftler mit zusätzlichem Geld anzuspornen? Sind Sie nicht vor allem intrinsisch motiviert?

Ich denke, es gibt einen Motivationsmix. Und der muss stimmen.

Seit 2006 werden Professoren nicht mehr bundeseinheitlich besoldet. So verdient ein W3-Professor in Baden-Württemberg ein deutlich höheres Grundgehalt als in Berlin. Ist der Wettbewerb um Personal zwischen armen und weniger armen Ländern eine Entwicklung, die gut für Deutschlands Hochschulsystem ist?

Diese Unterschiede bestehen ja nicht nur zwischen armen und vermeintlich reichen Bundesländern, sondern ebenfalls zwischen den einzelnen Hochschulen eines Bundeslandes. Auch innerhalb einer Hochschule sind die Professorengehälter entsprechend dem Prinzip der Leistungsorientierung stärker gespreizt. Dies ist die Konsequenz des Wettbewerbs- und Konkurrenzgedankens, der nicht nur der Professorenbesoldungsreform, sondern etwa auch der Exzellenzinitiative zugrunde liegt. Wettbewerb ist ganz klar ein Anreiz. Und die Länder müssen jeweils für sich entscheiden, wie wichtig ihnen Wissenschaft und Forschung sind.

Die Fragen stellte Anja Kühne.

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