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Räuber mit Schmuck. Das Rückensegel des Spinosaurus (digital rekonstruiert) sollte vermutlich Weibchen anlocken.

© Science

Raubsaurier: Schwimmende Dinosaurier in der Sahara

Wo heute öde Wüste ist, jagte vor 97 Millionen Jahren eine krokodilsähnliche Dornenechse. Der Gigant lauerte im Wasser auf seine Beute.

Ein Hai oder ein Sägerochen hatte gegen den heranschießenden Dinosaurier wohl nicht den Hauch einer Chance. Immerhin war Spinosaurus aegyptiacus nicht nur 15 Meter lang und hatte in seinem riesigen Maul perfekt für den Fischfang geeignete Zähne, sondern war auch gut an ein Leben im Wasser angepasst. Darauf deuten die rund 97 Millionen Jahre alten Knochen aus der Sahara hin, die Nizar Ibrahim von der University of Chicago und seine Kollegen aus den USA, Italien, England und Marokko in der Zeitschrift „Science“ beschreiben.

Genau wie der bekannte Tyrannosaurus rex waren auch die als „Dornenechsen“ bezeichneten Wassergiganten Raubsaurier. Nur war Spinosaurus aegyptiacus noch zweieinhalb Meter länger und lauerte im Wasser auf Beute. Davon gab es damals genug in dem Teil der Sahara, der heute zu Marokko gehört: Flüsse und Seen zogen sich bis in das heutige Ägypten. In diesen Gewässern schwammen große Haie und Sägerochen, Quastenflosser und Lungenfische, sowie etliche weitere Knochenfische.

Angepasster Jäger. Die Nasenlöcher saßen auf dem Schädel. So konnten die Raubsaurier im Wasser weiter atmen. Die blau gekennzeichneten Teile des Schädels liegen vor, den Rest rekonstruierten die Forscher.
Angepasster Jäger. Die Nasenlöcher saßen auf dem Schädel. So konnten die Raubsaurier im Wasser weiter atmen. Die blau gekennzeichneten Teile des Schädels liegen vor, den Rest rekonstruierten die Forscher.

© Science

Ein gefundenes Fressen für die Dornensaurier: „Diese Dinosaurier-Gruppe lebte ähnlich wie heute noch Krokodile überwiegend im Süßwasser und jagte Fische und andere Tiere“, erklärt die Paläontologin Nicole Klein vom Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart. Zwar holen sich auch Braunbären Lachse aus Flüssen, sind aber trotzdem kaum ans Leben im Wasser angepasst. Ganz anders Spinosaurus aegyptiacus: Als die Forscher um Nizar Ibrahim die vor einiger Zeit in Marokko gefundenen Überreste eines Exemplars und die Knochen anderer Tiere dieser Art genauer analysierten, fanden sie eine Reihe von Eigenschaften, die auf eine Jagd im Wasser hindeuten.

Die Anatomie des Sauriers war an die Jagd im Wasser angepasst

So saßen die Nasenlöcher oben auf dem Schädel. Genau wie heute bei Flusspferden und Krokodilen konnten diese Dinos also auch noch atmen, wenn ihr Kopf zum größten Teil unter Wasser war. Ähnlich wie bei den heute lebenden Krokodilen hatten die Knochen an der Spitze der Schnauze kleine Grübchen. Bei den modernen Reptilien registrieren dort kleine Sinnesorgane Veränderungen des Wasserdrucks. Diese entstehen zum Beispiel, wenn sich eine Beute bewegt. Nerven übermitteln das Signal ans Gehirn und unterstützen so das Orten von Beute im trüben Wasser. Möglicherweise hatten die Dinos damals ähnliche Sinnesorgane.

Fundstelle. Die Kem Kem-Region im Südosten Marokko ist heute eine Wüste. Vor 97 Millionen Jahren jagte hier eine Dornenechse.
Fundstelle. Die Kem Kem-Region im Südosten Marokko ist heute eine Wüste. Vor 97 Millionen Jahren jagte hier eine Dornenechse.

© Robert Loveridge

Die abgeschrägten Zähne vorne in der Schnauze griffen so eng ineinander, dass ein glitschiger Fisch nicht durchflutschen konnte. Auch vor den gebogenen Krallen an den Fingern gab es kaum ein Entkommen. Das Becken war dagegen viel kleiner als bei anderen Raubsauriern, die Oberschenkel waren kurz und muskulös. Auf solchen Beinen konnte Spinosaurus aegyptiacus kaum auf zwei Beinen über Land stürmen. Sie erinnern eher an die Hinterflossen heutiger Seebären und Seelöwen, die damit kräftig durchs Wasser paddeln können. Aber auch am Strand können sie das Tempo eines rennenden Menschen erreichen. Spinosaurus aegyptiacus war also vermutlich auch an Land recht flott.

Die Knochen großer Raubsaurier waren meist hohl, um Gewicht zu sparen. Die Dornenechse hatte das aufgrund des Auftriebs im Wasser nicht nötig. Im Gegenteil: Mit massiven Knochen lässt es sich sogar besser tauchen.

Die Knochendornen blieben wie ein Segel über dem Wasser

Die langen Zehen und flachen Klauen des Sauriers erinnern an Wasservögel, die auf derart vergrößerten Fußflächen auch auf schlammigem Grund sicher laufen. Oder sie dienten, mit Schwimmhäuten zwischen den Zehen, als Paddel. Hinweise auf solche Häute konnten die Forscher an den alten Fossilien jedoch nicht mehr nachweisen. Die Wirbelknochen im Schwanz der Dinos waren nur lose miteinander verbunden. Dadurch kann der Schwanz wie bei Krokodilen wellenförmig bewegt werden.

Die Forscher schlussfolgern, dass sich Spinosaurus aegyptiacus bereits gut an das Leben als Jäger im Wasser angepasst hatte. Einzig die meterlangen Knochendornen, die aus den Rückenwirbeln nach oben ragen, passen nicht in dieses Bild. Die Forscher vermuten, dass diese von Haut überzogenen Knochen wie ein Segel über Wasser blieben und als weithin sichtbarer Schmuck das andere Geschlecht angelockt oder Rivalen gewarnt haben könnten.

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