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Reform der neuen Studiengänge: Der Bachelor soll atmen

Die Kultusminister fassen Beschlüsse zur Verbesserung des Bachelor-Studiums. Studierende und GEW kritisieren jedoch, dass nicht der Zugang zum Master für alle zugesichert wird.

Ein achtsemestriger Bachelor für alle, danach ein viersemestriger Master für jeden, der will – zu solchen radikalen Änderungen, wie sie in der Debatte um die Bachelorstudiengänge zu hören sind, haben sich die Kultusminister bei ihrer Sitzung am Donnerstag in Bonn erwartungsgemäß nicht durchgerungen. Am Sitzungsort demonstrierten nach Angaben der Polizei mehr als 3000 Studierende. Die Kultusminister wollten aber keinen „grundlegenden Kurswechsel“, sondern die Korrektur von „Fehlentwicklungen“, wie sie schon im Vorfeld erklärt hatten.

Mit Vertretern der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) einigten sie sich am Donnerstag auf Punkte, die das Studium „studierbarer“ machen sollen. Die Module (also die im Bachelor verlangte Zusammenfassung von Lehrveranstaltungen zu Sinneinheiten) sollen „grundsätzlich“ nur mit einer Prüfung abgeschlossen werden.

Die Arbeitsbelastung der Studierenden soll überprüft werden, „um ein realistisches und vertretbares Maß zu gewährleisten“ – ob die KMK die am Donnerstag von ihr diskutierte Flexibilisierung der Arbeitsbelastung mit einem neuen Übergang von 25 bis 30 Stunden pro Leistungspunkt beschließt, stand bis zum Redaktionsschluss noch nicht fest.

Die HRK und KMK wollen sich auch dafür einsetzen, „die Anerkennung von Prüfungsleistungen zwischen den Hochschulen national und international zu vereinfachen, um die Mobilität der Studierenden zu gewährleisten“. Außerdem sollen die Länder keine von den allgemeinen KMK-Vorgaben abweichenden Regelungen treffen, „die die Gestaltungsfreiheit der Hochschulen einengen“. Die KMK macht auch die Akkreditierungsagenturen auf ihre Aufgabe aufmerksam: Sie müssten prüfen und bestätigen, ob die Hochschulen in den Studiengängen für Studierbarkeit „unter Einbeziehung des Selbststudiums“ gesorgt haben, dazu gehört auch die Einplanung von „Mobilitätsfenstern“ für Auslandsaufenthalte und Praktika.

Die KMK weist außerdem ausdrücklich darauf hin, dass ein Bachelor seit jeher nicht nur sechs Semester dauern darf, sondern es den Hochschulen durchaus freisteht, auch sieben oder acht Semester dafür einzuplanen. Eine neue Vorgabe, mit der die Hochschulen dazu gezwungen werden, mehr längere Bachelor-Studiengänge anzubieten, machen die Kultusminister aber nicht.

Zu einem der größten Reizthemen – der Bachelor ist nach Auffassung der KMK derjenige Abschluss, mit dem die meisten Studierenden die Hochschule verlassen – äußern sich die Kultusminister nicht. Die HRK hatte im Vorfeld gefordert, die KMK solle „auf die Leitvorstellung des Bachelor als Regelabschluss und des Master als Ausnahme verzichten“. Auch hatte die HRK scharf kritisiert, in vielen Ländern würde der Zugang zum Master über knappe Kapazitäten geregelt. Vielerorts stünden nur 50 Prozent der Kapazität bereit, die für das Bachelorstudium vorgesehen ist.

Die KMK und die HRK halten gleichwohl fest, Kritikpunkte der Studierenden zum Bologna-Prozess seien nun aufgenommen worden, so dass „es an der Zeit ist, wieder zu einem geregelten Studienbetrieb überzugehen“.

Die Kritik ebbt jedoch nicht ab. Als „völlig unzureichend“ bezeichnete Lara Wolf, Sprecherin der protestierenden an der Humboldt-Universität, die Reformvorschläge der KMK. Sie missachteten die studentische Forderungen, den Master zum Regelabschluss zu machen. Die Studierenden lehnten auch eine Erhöhung der Regelstudienzeit im Bachelor zulasten des Masterstudiums ab; die gesamte Studienzeit müsse verlängert werden. Die KMK habe zudem studentische Forderungen nach einer Demokratisierung der Hochschulen und nach ihrer sozialen Öffnung ignoriert. Die GEW verlangte einen Rechtsanspruch auf Zulassung zum Master für alle Bachelorabsolventen. Auch müssten die Länder den Hochschulen mehr Geld für Personal geben.

Bei der Überarbeitung der Studiengänge dürften sich Länder und Hochschulen nicht auf die Akkreditierungsagenturen verlassen, mahnt Anja Schillhaneck von den Berliner Grünen. Diese hätten Studiengänge mit wenig Wahlfreiheit und strikte Regelstudienzeiten selbst geplant oder zugelassen und seien nicht geeignet, sie jetzt zu liberalisieren.

Der Stifterverband hat den Verbund der neun großen Technischen Unis („TU 9“) scharf kritisiert. Die TU 9 hatten sich mit den protestierenden Studenten solidarisiert und Wirtschaft und Politik für Fehler der Studienreform verantwortlich gemacht. Durch ihr Festhalten am Ingenieurs-Diplom und an der Trennung von Theorie Praxis hätten die TUs die Probleme selbst geschaffen, die sie jetzt beklagten, erklärte Andreas Schlüter, Generalsekretär des Stifterverbandes.

Im Anschluss an die KMK-Sitzung forderte die HRK die Ministerpräsidenten in einem offenen Brief auf, beim Bildungsgipfel mit der Kanzlerin am 16. Dezember „die Studienplätze endlich auszufinanzieren“. Nur mit zusätzlichem Geld könne die Situation der Studierenden wirklich verbessert werden. Anja Kühne/Amory Burchard

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