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Berliner Studierende in der UdK zur "Langen Nacht der aufgeschobenen Hausarbeiten".

© Jörg Carstensen/dpa/picture-alliance

Regelstudienzeit kaum eingehalten: Berliner Studierende bleiben länger an der Uni

Die Bologna-Reform sollte für schnellere Abschlüsse sorgen. Doch in Berlin überschreitet die Mehrheit der Studierenden die Regelstudienzeit.

Abschlüsse in der Regelstudienzeit sind in Berlin nicht die Regel. Das geht aus der Antwort auf eine Anfrage hervor, die der Berliner CDU-Abgeordnete Adrian Grasse an den Senat gestellt hat. An den staatlichen Hochschulen Berlins schlossen 2018 im Schnitt 34 Prozent aller Absolventinnen und Absolventen ihr Studium in Regelstudienzeit ab. Insgesamt 75 Prozent schaffen es innerhalb der Regelstudienzeit und zwei weiteren Semestern, ein Viertel hat also noch länger für den Abschluss gebraucht.

Berliner Studierende lassen sich offenbar wieder mehr Zeit: 2014 brauchten Studierende im Schnitt 1,5 Semester länger als die Regelstudienzeit, 2018 waren es 1,9 Semester mehr. Bei denjenigen, die länger studierten, stieg die Zahl der zusätzlichen Semester von durchschnittlich 2,4 auf 2,8 an.

Wissenschaftsstaatssekretär Steffen Krach (SPD) führt die steigenden Zahlen in seiner Antwort auf die Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge zurück. Obwohl diese gestuften Studiengänge vor 20 Jahren eingeführt wurden, um die Studienzeiten zu verkürzen, brauchen Studierende zunehmend länger. Dagegen blieb die Dauer des Studiums in Staatsexamensstudiengängen wie Jura und Medizin konstant. Spitzenreiter bei den Langzeitstudierenden sind die drei großen Berliner Unis, die fast nur noch Bachelor- und Masterstudiengänge anbieten. Das Klischee des „Bummelstudenten“ in geisteswissenschaftlichen Fächern trifft jedoch nicht zu: Am längsten brauchen Studierende der MINT-Fächer.

Manche Studierende hängen zehn Semester ran

So schafften im letzten Jahr an der Technischen Universität nur 15 Prozent der Absolventinnen und Absolventen ihr Studium innerhalb der vorgegeben Zeit, an der FU waren es 26, an der HU 24 Prozent. Besonders lange benötigten Studierende der Ingenieurwissenschaften. Bei den Bachelor-Abschlüssen an der TU wurden nur zehn Prozent in der Regelstudienzeit absolviert. Im Fach Maschinenbau etwa schlossen 2018 von 432 Absolventen lediglich 33 das Studium in der Regelstudienzeit ab. Die meisten brauchten zwei, drei oder vier Semester länger, 16 Personen hängten sogar mehr als zehn Semester ran.

Innerhalb der anderen Berliner Hochschulen machen sich große Unterschiede bemerkbar. An den Kunsthochschulen und an der Charité schaffen es die meisten ihren Abschluss in Regelstudienzeit, fast niemand braucht länger als zwei zusätzliche Semester. An den Fachhochschulen schwanken die Zahlen je nach inhaltlichem Schwerpunkt. An der Hochschule für Wirtschaft und Recht machten 71 Prozent ihren Abschluss in Regelstudienzeit, während das an der Beuth Hochschule für Technik nur 32 Prozent schafften.

Der Senat reagiert gelassen, Kritik von CDU

Die Regelstudienzeitüberschreitung birgt ein finanzielles Risiko für viele Studierende: Bafög gibt es nur bis zu zwei Semester über die festgelegte Studienzeit hinaus. In Ausnahmefällen jedoch könne die Ausbildungsförderung auch länger gewährt werden, betont Steffen Krach. Auf die Frage, was die Hochschulen gegen überlange Studienzeiten unternehmen, verweist Krach auf deren Beratungsangebote. Grundsätzlich sei die Regelstudienzeit eine Verpflichtung für die Hochschulen. Sie hätten die Studiengänge so zu organisieren, dass ein Abschluss innerhalb des in der Prüfungs- oder Studienordnung festgelegten Zeitraums möglich ist.

Ist die Bologna-Reform, die ursprünglich auch für schnellere Abschlüsse sorgen sollte, also gescheitert? Auf diese Frage geht Krach nicht explizit ein. Er betont, dass es bei der Reform besonders um eine bessere europäische Vergleichbarkeit ging – diese sei gewährleistet. Der Senat scheint den Trend zum Langzeitstudium generell gelassen zu sehen. „Wichtiger als die benötigte Studienzeit ist dem Senat, dass der Studienabschluss erfolgreich erreicht wird“, heißt es in der Antwort. Das sieht der CDU-Abgeordnete Adrian Grasse anders. Die Zahlen seien nicht akzeptabel, sagte er dem Tagesspiegel. Die CDU-Fraktion spreche sich dafür aus, die Hochschulen effektiver zu unterstützen. Sie müssten finanziell und personell besser ausgestattet werden, um ein Konzept gegen den Trend der längeren Studienzeiten zu entwickeln.

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