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Resistenzgen nachgewiesen: Antibiotika-resistente Keime aus Indien auch in Deutschland

Sogar Antibiotika bleiben machtlos: Im Juli wurden erstmals Keime mit einem Resistenzgen in Deutschland entdeckt.

Bakterien, die gegen Antibiotika resistent sind, nehmen weltweit an Häufigkeit zu. Nun haben britische und indische Forscher eine neue Gefahr ausgemacht: Ein Resistenzgen mit dem Namen Neu Delhi Metallo-beta-lactamase-1 (NDM-1).

Das Gen verleiht den Keimen Resistenz gegen Carbapeneme, eine Gruppe von Antibiotika, die bereits als Reserve im Kampf gegen Bakterien gelten, also nur dann eingesetzt werden, wenn andere Antibiotika bereits machtlos sind. Ein Forscherteam um Timothy Walsh von der Universität Cardiff hatte NDM-1 im vergangenen Jahr bei einem schwedischen Patienten entdeckt, der zu einer Schönheitsoperation in Indien war. Nun untersuchten die Wissenschaftler wie verbreitet Bakterien mit dieser Resistenz in Indien sind.

Ihr Ergebnis, das jetzt im Fachmagazin „Lancet Infectious Diseases“ erschienen ist, alarmiert. Bei rund 4 Prozent der 3521 untersuchten Keime im südindischen Chennai fand sich das Resistenzgen. Im nordindischen Haryana waren es sogar 13 Prozent der untersuchten Bakterien. Meist handelte es sich dabei um Stämme von Escherichia coli oder Klebsiella pneumoniae, die auch gegen fast alle anderen Antibiotika resistent waren.

Als eine Ursache für die erschreckende Häufigkeit sehen die Autoren der Studie den Umgang mit Antibiotika in Indien. Erst im März hatte der Mediziner Ghafur Abdul den Umgang indischer Ärzte mit Antibiotika angeprangert. Es gebe keinerlei Einschränkungen, viele Ärzte nähmen Reserveantibiotika, wenn einfache Antibiotika reichen würden und häufig sei gar kein Rezept notwendig. Das habe dazu geführt, dass Ärzte in Indien inzwischen häufig mit Infektionen konfrontiert seien, gegen die kein einziges Antibiotikum mehr wirksam sei, kritisierte er im Fachblatt der indischen Ärzteschaft

Die Resistenzgene können leicht von Bakterium zu Bakterium weitergegeben werden und finden ihren Weg auch vermehrt nach Europa. So konnten die Forscher bei 37 Patienten in Großbritannien NDM-1 nachweisen. Viele dieser Patienten seien für Schönheitsoperationen oder andere medizinische Eingriffe nach Indien oder Pakistan gereist. Es sei wahrscheinlich, dass sich die Resistenz weltweit ausbreiten werde, schreiben die Forscher.

Auch in Deutschland ist der „Superkeim“ bereits aufgetaucht. Erstmals wurde er im Juli dieses Jahres am Nationalen Referenzzentrum (NRZ) für gramnegative Bakterien in Bochum nachgewiesen. „Wir haben NDM-1 bisher aber nur in zwei Fällen gefunden“, sagt Martin Kaase vom NRZ. Andere Resistenzen gegen die Carbapeneme würden sehr viel häufiger gefunden

Carbapenemresistente Keime lassen sich meist nur mit den Reserveantibiotika Tigecyclin oder Colistin behandeln. „Da haben Sie dann nur noch zwei Antibiotika, ein uraltes und ein ganz neues, die wirken“, sagt Kaase. In einigen Fällen helfen selbst diese Mittel nicht mehr. Forscher warnen deshalb vor dem Ende der Ära der Antibiotika.

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