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Wissen: Richter kippen Gebühren

NRW-Studenten gewinnen Klagen gegen Beiträge

Seit einigen Wochen zahlen Studierende in mehreren Bundesländern flächendeckend Studiengebühren – doch bei der Einführung der Beiträge haben einige Universitäten offenbar gesetzeswidrig gehandelt. Gerichte in Nordrhein-Westfalen haben jetzt binnen weniger Tage gleich zwei Hochschulen zurückgepfiffen: Die Richter kippten die Gebührensatzungen der Unis in Bielefeld und Siegen. Als „großen Sieg“ feiert Patrick Schnepper vom Aktionsbündnis gegen Studiengebühren in NRW die Urteile – und fordert beide Unis auf, den Studenten die Gebühren umgehend zu erstatten. Schnepper hat die Klagen mitkoordiniert.

Am Gebührenmodell Bielefelds kritisierte das Verwaltungsgericht Minden die Staffelung der Sätze. Bielefeld nutzt eine Besonderheit in NRW: Die Unis dürfen dort – anders als etwa in Baden-Württemberg oder Niedersachsen, wo das Ministerium die Beiträge einheitlich vorschreibt – selbst entscheiden, wie viel Geld sie bis zu einem Limit von 500 Euro pro Semester nehmen. Bielefeld hatte entschieden, nur von Anfängern den vollen Satz zu kassieren. Ältere Studierende müssen weniger zahlen, im achten Semester etwa nur 100 Euro. Diese Kriterien verstießen gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes, urteilten die Richter. Die Sätze dürften sich nicht nach der Semesterzahl richten. Vielmehr sei „das Maß der Inanspruchnahme der Hochschuleinrichtungen entscheidend“.

Im Fall Siegen ging es um die Frage, inwieweit Hochschulen unter Ausschluss der Öffentlichkeit über Gebühren entscheiden dürfen. Weil die Uni Störungen befürchtete, war bei der entscheidenden Sitzung des Senats zur Einführung von Gebühren die Öffentlichkeit nicht zugelassen. Zu Unrecht, urteilte das Verwaltungsgericht Arnsberg. Es habe „ausreichende Möglichkeiten gegeben, um den Störungen im Sitzungsraum, die nach früheren Protesten zu erwarten waren, effektiv zu begegnen.“

Ein Urteil, das weitreichende Konsequenzen haben könnte. Gegen acht Hochschulen laufen laut dem Aktionsbündnis ähnliche Klagen, darunter gegen große Unis wie Köln, Münster und Bochum. Da die Hochschulen in NRW selbst über die Einführung der Gebühren entscheiden konnten, richtete sich der Zorn der Gebührengegner hier direkt gegen die Unileitungen – und nicht wie anderswo gegen die Wissenschaftsminister. An fast allen Hochschulen des größten Bundeslandes besetzten im letzten Sommer Studenten Rektoratszimmer oder sprengten Sitzungen der Unigremien. „Wir glauben, dass das Gericht die Umstände vor der entscheidenden Sitzung nicht richtig gewürdigt hat“, kritisiert ein Sprecher der Uni Siegen das Urteil.

Dass die Studierenden ihre Gebühren tatsächlich schnell zurückbekommen, ist allerdings zweifelhaft. Die Uni Bielefeld kündigte an, Berufung gegen das Urteil einzulegen. Auch Siegen werde „wahrscheinlich“ in die nächste Instanz gehen, heißt es. Vorsichtshalber will man in Bielefeld aber die bisher nicht ausgegebenen Gelder aus den Gebühren auch weiterhin zurückhalten. Tilmann Warnecke

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