zum Hauptinhalt

Sachbücher: Fröhliche Wissenschaft

Tagesspiegel-Mitarbeiter empfehlen Sachbücher – zum Verschenken oder Selberlesen

RINGEN UMS DASEIN

2009 wird ein Darwinjahr, man wird seinen 200. Geburtstag und das 150. Jubiläum des Erscheinens von „Die Entstehung der Arten“ begehen. Wer mitfeiern möchte oder ganz einfach nur Einblick in das Denken des Schöpfers der Evolutionstheorie bekommen will, sollte zu diesem Lesebuch greifen. Es enthält Auszüge aus Darwins Schriften, zeigt die ganze Vielfalt und Tiefe seiner Gedankenwelt und ist dabei noch kurzweilig zu lesen. Wie lebendig und packend Darwin schreiben konnte, zeigen die Auszüge aus seinem Expeditionsbericht „Die Fahrt der Beagle“ – die Schilderung der Eingeborenen auf Feuerland steht der in einem Abenteuerroman in nichts nach. wez

Julia Voss (Hg.): Charles Darwin – Das Lesebuch. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2008. 512 Seiten, 12 Euro.

REDEN IST GOLD

Am Anfang war das Wort – jedenfalls hat es die menschliche Entwicklung von Anfang an geprägt, und die Sprachwissenschaftlerin Ruth Berger kann dazu viele Geschichten erzählen, von Zoologie über Hirnforschung bis zu moderner Linguistik. Unsere Fähigkeit zu sprechen ist in ihren Augen der beste Beweis dafür, dass wir Gemeinschaftswesen sind. aml

Ruth Berger: Warum der Mensch spricht. Eine Naturgeschichte der Sprache. Verlag Eichborn, Frankfurt am Main 2008. 303 Seiten, 19,95 Euro.

DAS WUNDER DER SPRACHE

Mann Höhle schlaf Tochter Frucht sammel Mammut seh: Auch ohne Grammatik versteht jeder, dass hier Gefahr droht. Wie hat sich unsere höchste geistige Gabe, die Sprache, vom „Tarzan-Stadium“ bis heute entwickelt? Wie funktioniert jene „geniale Erfindung“, die doch nie erfunden wurde? Der Sprachforscher Guy Deutscher schafft es, die Komplexitäten der Grammatik lebensnah und humorvoll aufzudröseln und die Kräfte darzustellen, die bis heute in der Sprache wirken. Nebenbei erfahren wir, was das türkische „sehirlilestiremediklerimizdensiniz“ bedeutet und warum es überhaupt so lange Wörter gibt. D. N.

Guy Deutscher: Du Jane, ich Goethe. Eine Geschichte der Sprache. Verlag C. H. Beck, München 2008. 416 Seiten, 25,90 Euro.

DER ANDERE LEONARDO

In „Da Vincis Vermächtnis“ zeigt der Berliner Wissenschaftsautor Stefan Klein die andere Seite des Renaissancemenschen Leonardo, den Naturforscher und Ingenieur. Klein zeichnet Leonardo als einen Menschen, der jenseits von Dogmen und Denkbarrieren lernte, die Welt mit eigenen Augen zu sehen und zu entdecken. Zeit seines Lebens faszinierten ihn Wasserströmungen und der Vogelflug. Beides studierte er intensiv, experimentierte mit Wasserstrudeln und Flugmaschinen – und stieß mit seinen Erkenntnissen zum Blutfluss an Herzklappen bis weit in die Zukunft vor. Dass ihm dabei niemand folgen konnte, dass er ein Einzelgänger blieb: darin zeigt sich sein Scheitern. wez

Stefan Klein: Da Vincis Vermächtnis oder Wie Leonardo die Welt neu erfand. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2008. 336 Seiten, 18,90 Euro.

PILGERREISE DES LEBENS

Mit seiner Streitschrift „Der Gotteswahn“ hat der Oxford-Biologe Richard Dawkins vor zwei Jahren weltweit die Bestsellerlisten gestürmt. Zuvor schrieb Dawkins „The Ancestor''s Tale“, und dieses Werk ist mit ein paar Jahren Verspätung nun auch auf Deutsch erschienen. Angelehnt an Chaucers mittelalterliche „Canterbury Tales“ unternimmt Dawkins in 39 „Begegnungen“ eine Pilgerfahrt zu den vier Milliarden Jahre alten Wurzeln des Lebens. Die Reise beginnt beim Menschen der Neuzeit und führt uns über Neandertaler, Schimpansen, Mäuse, Robben und Salamander zurück bis in die Welt der Quastenflosser und Neunaugen, der Insekten und Pflanzen und schließlich zu den Quellen der Vererbung, den ersten Bakterien. Dawkins weitgespannter Wissenshorizont und sein Erzähltalent ergänzen sich in diesem epischen Werk aufs Beste. wez

Richard Dawkins: Geschichten vom Ursprung des Lebens. Ullstein-Verlag, Berlin 2008, 928 Seiten, 29,90 Euro.

DAS GROSSE GANZE

Ted Nield wagt sich an eines der größten Themen der Geowissenschaften: Superkontinente. Alle paar 100 Millionen Jahre treffen sich die Erdteile und bilden eine einzige, große Landmasse. Riesige Gebirge werden dabei aufgetürmt und das Klima derart verändert, dass im Vergleich dazu die gegenwärtige Erderwärmung kaum mehr als ein Hüsteln des Planeten ist. Der britische Wissenschafts autor beschreibt, wie Geoforscher den längst vergangenen Ereignissen auf die Spur kommen und beispielsweise aus winzigen Kristallen die Geschichte ganzer Erdteile herauslesen können. Und natürlich verrät er auch, wann und wo der nächste Superkontinent entsteht. nes

Ted Nield: Superkontinent. Das geheime Leben unseres Planeten. Verlag Antje Kunstmann, München 2008. 287 Seiten, 19,90 Euro.

ZUCKERMELONE IM KOPF

Es wiegt knapp drei Pfund und ist nicht größer als eine Zuckermelone – aber was sich darin abspielt, macht staunen. Die Neurowissenschaftler Sandra Aamodt und Samuel Wang haben einen kurzweiligen Führer durch die Welt unseres Gehirns geschrieben. Darin erklären sie die neurologischen Vorgänge mit überraschenden Beispielen und Bildern („Ihr Gehirn funktioniert nicht wie ein Computer, eher wie ein hektisches China-Restaurant“) und beantworten praktische Fragen wie: Lohnt es sich, für eine Prüfung zu pauken? (besser zeitversetzt kleinere Portionen lernen) oder: Was können Sie für Ihr Gehirn im Alter tun? (sich körperlich bewegen). Nach der Lektüre lebt man sehr viel bewusster mit der wertvollen Zuckermelone im Kopf. D. N.

Sandra Aamodt, Samuel Wang: Welcome to your Brain. Ein respektloser Führer durch die Welt unseres Gehirns. Verlag C. H. Beck, München 2008. 272 Seiten, 19,90 Euro.

NEURONALER JUBEL

Bis auf wenige Ausnahmen sind wir Menschen eine für Musik empfängliche Spezies. Der Neurologe Oliver Sacks kann auf einen unerschöpflichen Fundus von Geschichten zurückgreifen, die zeigen, wie, wo und warum Melodien, Harmonien und Rhythmen auf das Gehirn wirken. So lernt der Leser beispielsweise einen Orthopäden kennen, den ein Blitzschlag klaviermusiksüchtig macht, und er erfährt von einer speziellen Art der Demenz, die den Komponisten Maurice Ravel befiel – und mit der vielleicht die vielen Wiederholungen in dessen „Boléro“ erklärt werden können. aml

Oliver Sacks: Der einarmige Pianist. Über Musik und das Gehirn. Verlag Rowohlt, Reinbek 2008. 397 Seiten, 19,90 Euro.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false