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Schülerprotest in Hongkong.

© AFP

Schulfach Patriotismus für Hongkong: Verordneter Stolz

China führt das Schulfach Patriotismus in Hongkong ein. Kritiker fürchten Gehirnwäsche - und sehen einen weiteren Versuch Pekings, noch mehr politischen und kulturellen Einfluss auf die ehemalige Kronkolonie zu nehmen.

In der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong spaltet das neu eingeführte Patriotismus-Schulfach die Millionenstadt. Kritiker werfen den Initiatoren in Peking Gehirnwäsche vor, weil im Curriculum des Fachs die Leistungen der Kommunistischen Partei in China überbewertet und die dunklen Seiten der Einparteiendiktatur verschweigen würden. 8000 Menschen demonstrierten am Wochenende gegen die Einführung, zehn Demonstranten traten in den Hungerstreik. Wie bei dem 1989 gewaltsam niedergeschlagenen Studentenaufstand auf dem Tiananmenplatz in Peking führten die Demonstranten zeitweise eine Statue als „Göttin der Demokratie“ mit. Auch am Mittwoch hielten die Proteste an.

Die „Volkszeitung“, Sprachrohr der Kommunistischen Partei Chinas, hatte im August das neue Schulfach verteidigt: „Nur wenn die jungen Menschen ihr Land verstehen und sich damit identifizieren, können sie dessen Politik richtig verstehen, ihren Platz behaupten und ihre Chancen wahrnehmen.“

Hintergrund der Debatte ist die Furcht vieler Hongkong-Chinesen vor dem wachsenden politischen und kulturellen Einfluss Chinas auf ihre Stadt. Zwar räumt Peking Hongkong nach dem Prinzip „ein Land, zwei Systeme“ Sonderrechte wie Meinungs- und Pressefreiheit ein, doch 15 Jahre nach der Übergabe nimmt Chinas Macht in Hongkong weiter zu. Viele vermuten hinter dem neuen Schulfach einen weiteren Versuch Chinas, seine „Soft Power“ zu stärken. Nach den Olympischen Spielen von London hatte China 70 chinesische Athleten, darunter zahlreiche Goldmedaillengewinner, mit einer Sondermaschine nach Hongkong geflogen, um offenbar ebenfalls den Patriotismus in der Stadt zu fördern. Eigentlich hatte Hongkong eine eigene, nicht so erfolgreiche Olympiamannschaft nach London entsandt.

Zu den Demonstranten gegen das neue Fach zählt auch die indischstämmige Schülerin Gurwinder Kaur. Sie befürchtet gegenüber der „South China Morning Post“ Diskriminierung. „Es wird Konflikte zwischen chinesischen und nichtchinesischen Kindern hervorrufen“, sagt sie. „Sie könnten so stolz auf ihr Land werden, dass sie auf andere herabblicken.“

Die Proteste in Hongkong seien äußerst wichtig, schreibt auch der chinesische Journalist Zhang Ping in seinem Blog. Ihn erinnert das Fach an die Nationale Erziehung, die es in China seit 60 Jahren gibt. „Die Ergebnisse sind für alle offensichtlich“, sagt Zhang Ping, „diejenigen, die diese Erziehung erhalten haben, haben Schwierigkeiten, ihren Horizont zu erweitern – sie sind engstirnig und intolerant.“

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