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Ein Mann mit einem Mikrofon in der Hand steht inmitten von Studierenden, die in einem Hörsaal sitzen.

© Daniel Bockwoldt/picture alliance/dpa

Streit um das Turboabitur: Hamburger Unipräsident gegen Rückkehr zum G9

Der Hamburger Unipräsident warnt vor einer Abkehr vom Turboabitur. Im gewonnenen Jahr sollten Abiturienten zur Orientierung an die Uni kommen.

Die Abkehr vieler Bundesländer vom „Turbo-Abitur“ nach nur zwölf Schuljahren ist nach Ansicht des Vorsitzenden des Aktionsrates Bildung, Dieter Lenzen, der falsche Weg. „Ich würde der Bildungspolitik empfehlen, nun nicht nach so kurzer Zeit wieder zurückzukehren zu G9, sondern dem G-8-Modell eine Chance zu geben“, sagte Lenzen, der Präsident der Universität Hamburg und Erziehungswissenschaftler ist, der Deutschen Presse-Agentur. Der Aktionsrat Bildung wurde 2005 von der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft gegründet.

Lenzen fordert, das durch die Verkürzung der Schulzeit gewonnene Jahr sollte für eine Verlängerung des Bachelor-Studiums von sechs auf acht Semester genutzt werden. Damit könnte der Bachelor eine einjährige Orientierungsphase für die Studienwahl enthalten und zur Persönlichkeitsbildung beitragen.

Kritik am traditionellen "Schonraum" für die Kinder

Das „Turbo-Abitur“ nach nur zwölf Schuljahren ist in Deutschland umstritten. Erst hatten sich fast alle Bundesländer dem internationalen Standard von acht Jahren Gymnasium (G8) angeschlossen, inzwischen gab es in einigen einen teilweisen oder völligen Schwenk zurück zur alten Form.

Warum hat G8 in Deutschland so ein Imageproblem? „Das ist die Unterstellung der Politik, dass Eltern – und das sind ja die Wähler – es bevorzugen, wenn die Kinder länger in einer abhängigen Lernphase sind“, kritisierte Lenzen. Dies gehe auf die lange reformpädagogische Tradition in Deutschland zurück, die aus dem 19. Jahrhundert stammt. Damit verbunden sei die „Idee von dem Schonraum Kindheit“.

Lenzen plädiert für ein dem Studium vorgeschaltetes Jahr, das allgemeinbildende Inhalte bieten soll. Das sei auch wichtig, weil die Studierenden heutzutage sehr unterschiedliche Voraussetzungen mitbringen. Dazu zählten „ein Nord-Süd-Gefälle bei schulischen Ergebnissen und viele internationale Studierende oder Berufstätige ohne Abitur“. In dem Orientierungsjahr könnten die Studierenden zudem herausfinden, welchen Beruf sie einmal ergreifen möchten und was sie am besten dafür studieren sollten.

"Orientierung auf das Studium hin fehlt komplett"

Vorbild könnten laut Lenzen dabei die USA sein. Bei der Einführung der Bachelor-Studiengänge habe Europa – und insbesondere Deutschland – das Modell nicht richtig kopiert, monierte der Hochschulmanager, der 2003 bis 2010 Präsident der Freien Universität Berlin war, bevor er nach Hamburg wechselte. „Diese Orientierung auf das Studium hin fehlt komplett. Das Gymnasium kann das nicht leisten.“ Da helfe auch G9 – also ein Abitur nach 13 Schuljahren – nicht weiter. „Die Universität weiß am besten, welche Voraussetzungen sie in den einzelnen Studiengängen formuliert.“ (dpa)

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