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Zwölf oder dreizehn Jahre bis zum Abitur, das ist hier die Frage.

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Streit um kurze Schulzeit: Reformer wollen Turbo-Abi retten

Bildungsexperten haben einen Aufruf veröffentlicht, in dem sie die Bestrebung der Bundesländer, die Abiturzeit wieder zu verlängern, infrage stellen. Sie fordern mehr Sachlichkeit in der Debatte.

In der Debatte um die verkürzte Schulzeit bis zum Abitur haben namhafte Bildungsexperten die Kultusminister der Länder zum Handeln aufgerufen. „Wir erwarten von der Kultusministerkonferenz, dass sie sich für G8 positioniert und die Bedingungen für eine bessere Umsetzung der Reform schafft“, sagte Sybille Volkholz, ehemalige Berliner Schulsenatorin und Initiatorin des Aufrufs „Die Zukunft des Gymnasiums“, dem Tagesspiegel.

In dem Aufruf, der am Pfingstmontag veröffentlicht wurde, werden Bestrebungen in einigen westdeutschen Ländern, die auf zwölf Jahre verkürzte Schulzeit bis zum Abitur am Gymnasium (G8) wieder um ein Jahr zu verlängern (G9), massiv infrage gestellt. Ein Zurückdrehen würde den Schulen große Anstrengungen abverlangen und auf Kosten der Weiterentwicklung des Unterrichts gehen, heißt es.

Kultusministerkonferenz Ende der Woche

Die Kultusministerkonferenz solle bei ihrem Treffen Ende dieser Woche in Berlin unter anderem eine Verringerung der Zahl der verpflichtenden Unterrichtsstunden bis zum Abitur von 265 auf 260 Stunden diskutieren. Dadurch würden die von Elterninitiativen kritisierten zu langen Schultage am Nachmittag verkürzt. Dass es diese Kritik in den neuen Bundesländern und in Berlin kaum gebe, sehen die Unterzeichner, darunter der frühere Berliner Schulsenator Jürgen Zöllner (SPD), der frühere Kultusminister von Sachsen-Anhalt (für die CDU) und heutige Präsident der Humboldt-Universität Jan-Hendrik Olbertz sowie Pisa-Forscher Jürgen Baumert und der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Ingo Kramer, als gewichtiges Argument für G8.

BDA-Chef Kramer vermisst zugleich ein hinreichendes politisches und gesellschaftliches Engagement für mehr Bildungschancen. Kitas und Schulen müssten finanziell besser ausgestattet werden. „Die Aufgabe muss sein, den 15 bis 20 Prozent der Jugendlichen, die Probleme haben, ins Arbeitsleben zu kommen, Türen zu öffnen. Wir brauchen dazu auch mehr Geld, das Bildungssystem ist unterfinanziert“, sagte Kramer dem Tagesspiegel. Doch aus der Politik gebe es zu wenig Unterstützung. „Bildung ist vor allem ein Thema für Sonntagsreden.“ Gegenüber Schulen und Lehrern sei „die Einstellung in unserer Gesellschaft nicht der Bedeutung dieser Institutionen angemessen. Es fehlt mir da an Empathie“. Ferner sei nur schwer erträglich, „wenn die Lehrer in der fünften oder sechsten Klasse bemerken, dass es schwierig wird mit dem Hauptschulabschluss, und sie sich nicht richtig kümmern können. Also brauchen wir mehr Personal in den Schulen“, sagte Kramer.

Hausgemachter Fachkräftemangel

Wie aus dem Nationalen Bildungsbericht hervorgeht, der am Freitag veröffentlicht werden soll, ist hingegen der von der Wirtschaft beklagte Fachkräftemangel weitgehend hausgemacht. In vielen Berufen, in denen über das Fehlen qualifizierter Mitarbeiter geklagt wird, gibt es seit Jahren zu wenig Lehrstellen, wie Wissenschaftler an Hand von amtlichen Daten auflisten. Sie halten den Unternehmen eine „wenig zukunftsorientierte Ausbildungspolitik“ angesichts der demografischen Entwicklung vor. (mit dpa)

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