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Streit um Textklau: "Kann jedem passieren"

Wegen angeblichen Textdiebstahls droht dem Berliner Rechtsprofessor Hans-Peter Schwintowski der Rauswurf aus dem Deutschen Hochschulverband. Deshalb tritt er jetzt lieber selber aus – und bezichtigt die Standesvertretung der Universitätsprofessoren der Heuchelei.

Schwintowski hat bislang mehr als zwanzig Bücher und gut 200 wissenschaftliche Aufsätze geschrieben. Vor fünf Jahren wurde er als mutmaßlicher Textdieb erwischt und vom Präsidenten seiner Universität, der Humboldt-Universität, gerügt. Längere Zitate ausgerechnet in seiner „Juristischen Methodenlehre“ waren nicht klar als direkte Übernahmen aus fremder Literatur gekennzeichnet. Der Verlag nahm das Buch sofort aus dem Handel. Der Deutsche Hochschulverband (DHV) sieht in dem wissenschaftlichen Fehlverhalten die Standesehre schwer geschädigt und will den Nestbeschmutzer jetzt aus seinen Reihen ausschließen.

Auslöser dieses späten Ausschlusses ist ein Sündenregister von angeblich diebischen Kollegen, das der Münchener Hochschullehrer Volker Rieble jüngst vorgelegt hat (www.wissenschaftsplagiat.de). In seinem Kündigungsschreiben an den Hochschulverband verteidigt Schwintowski sein persönliches Fehlverhalten hingegen als „Flüchtigkeitsfehler, der jedem, der viele Texte veröffentlicht, passieren kann“. Es gebe „wahrscheinlich keinen Hochschullehrer im DHV“, dem „gelegentliche Zitierverletzungen nicht vorzuwerfen“ seien, mutmaßt Schwintowski.

Gleichzeitig mit Schwintowski will der Hochschulverband zunächst den Kollegen Axel Wirth loswerden, einen Baurechtsexperten an der Technischen Universität Darmstadt. Wirth publizierte vor vier Jahren unter seinem eigenen Namen einen Kommentar, den in Wirklichkeit einer seiner Mitarbeiter heimlich woanders abgeschrieben hatte. Durch das späte Nachkarten des Verbands sieht Wirth die verfassungsgerichtlich gebotene „Resozialisierung“ von Missetätern beeinträchtigt. Er erklärt auf Anfrage, dem Hochschulverband nach dem Beispiel des Kollegen Schwintowski noch in dieser Woche zu kündigen.

Hermann Horstkotte

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