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Studierende in Heidelberg.

© dpa

Studiengebühren für Ausländer: Kasse statt Klasse

Bildung ist keine Ware - dieser Grundsatz sollte für alle Studierenden gelten, egal, woher sie kommen. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Anja Kühne

Totgesagte leben länger. Studiengebühren schienen in Deutschland schon out, ein Thema, mit dem Parteien Wählerinnen und Wähler nicht vergrätzen wollten. In den sieben Bundesländern, die für das Studium ein paar Jahre lang Gebühren nahmen, sind diese wieder abgeschafft worden (bis auf Gebühren für Langzeitstudierende in sechs Ländern). Seitdem galt es als unwahrscheinlich, dass – auch konservative – Landesregierungen das unpopuläre Thema bald wieder anfassen würden. Es sei denn, der Zeitgeist sollte sich wieder drehen.
Aus Sicht von Baden-Württembergs grüner Wissenschaftsministerin Theresia Bauer ist dies jetzt der Fall. In ihrem Haushalt fehlen 47 Millionen Euro. Ausländische Studierende sollen die Lücke schließen, mit Studiengebühren. Das passt zur verbreiteten Stimmung. Die Deutschen haben schon wegen der Flüchtenden das Gefühl, Migranten lägen ihnen auf der Tasche. Um die 1500 Euro sollen Studierende ohne EU-Abitur pro Semester zahlen.

Der Vorstoß passt zur momentanen Stimmung

Gut so, ist nun zu hören. Die vielen Studierenden aus dem Ausland – mehr als 300 000 von insgesamt 2,7 Millionen – sollen das deutsche Gemeinwesen ruhig entlasten. In den meisten Ländern weltweit zahlen sie schließlich auch Gebühren. Und längst nicht alle sind arm. Manche stammen zwar aus Entwicklungsländern, gehören dort aber zur dünnen Oberschicht.
So denkt auch die Regierung in Baden-Württemberg – eben so, wie eine Landesregierung denkt, die sich zuallererst für die eigene Landeskasse interessiert. Stellt man sich aber die Interessen Deutschlands insgesamt vor, sind die ausländischen Studierenden kein Verlustgeschäft, sondern ein Gewinn. Manche bleiben hier und helfen, den Fachkräftemangel in technischen Zweigen zu beheben. Die, die nach dem Studium wieder gehen, pflegen fortan eine enge Beziehung zu Deutschland: Ärzte haben schon deutsche Medizintechnik für ihre Krankenhäuser bestellt, Diplomaten gerne deutsche Interessen berücksichtigt. Der reiche Ägypter Samih Sawiris, ein Ehemaliger der TU Berlin, hat sich bei seiner Alma Mater mit einem Campus am Roten Meer bedankt.

Deutschlands Wissenschaft hat einen Ruf zu verlieren

Deutschlands Wissenschaft hat in der Welt einen guten Ruf. Natürlich könnten die Unis von Ausländern Gebühren nehmen und noch immer für sie attraktiv sein, selbst wenn die Sonne hier nicht so häufig scheint wie in Australien. Angesichts der Schuldenbremse werden auch bald noch mehr Bundesländer über diesen Weg diskutieren.
Aber denkt man Bildung nicht nur bis nach Mannheim, wird man das hier herrschende Verständnis von ihrer Finanzierung als gutes Vorbild für die Welt betrachten: Bildung ist keine Ware. Diese deutsche Philosophie muss erhalten bleiben, ja, sie sollte weltweit Schule machen. Auch Chinesen dürfen bei uns in ihren Genuss kommen und zu Hause dafür werben: Ein reiches Land finanziert die Unis durch eine gerechte Steuerlast und nicht durch Gebühren. Dass dies bei uns (ganz gut) funktioniert, ist für viele junge Briten und US-Amerikaner, die unter dramatisch hohen Studiengebühren zu leiden haben, ein Quell der Hoffnung. Es gibt nicht nur entweder Studiengebühren oder aber Sparrunden – „there is an alternative“.

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