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© dpa-Zentralbild

Studienplätze: Schlechtes Abi – was tun?

Im Osten einschreiben, Internetbörsen nutzen - oder einfach Glück haben: Wie Studienbewerber nach Absagen noch einen Platz an einer Hochschule bekommen.

Die Bewerbungsfrist für die meisten zulassungsbeschränkten Studiengänge ist unlängst abgelaufen. Jetzt warten Abiturienten bundesweit auf Nachricht von ihren Wunsch-Hochschulen, ob sie einen Studienplatz für das Wintersemester bekommen. Viele fürchten, dass sie mit ihrem Notenschnitt keine Chance haben könnten. Falls Bewerber Absagen bekommen, sollten sie dennoch nicht aufgeben. Wir stellen Strategien vor, wie es mit dem Studienplatz trotzdem klappen kann.

Dem Numerus clausus ausweichen

Fast 9000 grundständige Studiengänge werden derzeit an deutschen Hochschulen angeboten. Für mehr als 3800 Fächer gelten dabei laut dem „Hochschulkompass“ der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) gar keine Zulassungsbeschränkungen. Abiturienten können sich dort in der Regel bis zum Semesteranfang unabhängig von ihrer Abiturnote einschreiben. Welche Studiengänge einen offenen Zugang bieten, können Abiturienten in der Online-Datenbank unter www.hochschulkompass.de einsehen: Dort steht eine Suchmaske, mit der man bundesweit NC-freie Angebote im Wunschfach finden kann, beispielsweise nach einem der 270 zulassungsfreien Informatik-Studiengänge. Besonders viele NC-freie Programme gibt es auch in den Fächern Physik und Mathematik mit jeweils mehr als 150 Angeboten.

Wer keinen Studienplatz an den traditionell sehr begehrten Berliner Hochschulen erhält, der muss oft gar nicht so weit in der Ferne suchen: In Brandenburg sind nach Angaben des Bildungsministeriums zum Wintersemester voraussichtlich nur 34 Prozent der Studienfächer zulassungsbeschränkt. An der BTU Cottbus sind derzeit sogar alle Bachelorprogramme frei zugänglich. Bei NC-Fächern anderer Hochschulen müssen Bewerber in vielen Fällen immerhin nicht so gute Noten mitbringen wie an den Berliner Unis.

Quer einsteigen

Der Quereinstieg gehörte bis vor ein paar Jahren zu den häufigsten Methoden, um über Umwege zum Wunschstudium zu kommen: Bewerber schrieben sich für ein Fach ein, in dem sie den NC erfüllten – oder das gar keinen NC hatte. An der Uni besuchten sie dann Kurse ihres Wunschfaches, um sich mit diesen Leistungen für ein höheres Semester im angestrebten Fach zu bewerben. Der Hintergrund: Unis belegen jedes Jahr Plätze neu, die durch Abbrecher frei werden. Heute warnen Studentenvertreter jedoch vor dem Quereinstieg: „In Zeiten von Magister und Diplom funktionierte das regelmäßig, im Bachelor nur noch ausnahmsweise“, sagt Tobias Rossmann von der Studentenvertretung der Humboldt-Universität (HU). An Prüfungen dürften fast nur noch im Fach eingeschriebene Studierende teilnehmen. Durch Online-Anmeldungen werden Quereinsteiger vielerorts sofort ausgeschlossen. Die Methode berge damit „ein unkalkulierbares Risiko“.

Bessere Chancen auf einen Quereinstieg gebe es, wenn ein Bewerber sich für ein Studium einschreibt, das dem Wunschfach ähnelt, rät Wolfgang Müller-Büssow, Leiter des Studierendenservice der Technischen Universität (TU) Berlin. Vorstellbar sei, dass ein Student eine reine Ingenieurwissenschaft belegt, um später zum Wirtschaftsingenieurwesen zu wechseln. Er könnte dann Leistungspunkte im regulären Stundenplan sammeln.

Einen Platz einklagen

Bewerber können eine so genannte Kapazitätsklage einreichen, um als Student angenommen zu werden. Das Gericht prüft dann, ob die Hochschule mehr Studierende ausbilden könnte, als sie angibt. Ist das der Fall, muss sie den klagenden Bewerber aufnehmen. Der Rechtsanwalt und die Klage können teuer werden: „Man muss mit bis zu 3000 Euro rechnen“, sagt HU-Studierendenvertreter Tobias Rossmann. Über den juristischen Weg informieren aber auch die studentischen Studienberatungen an den Hochschulen.

Auch für den Klageweg gibt es „keine Garantie auf Erfolg“, sagt Rossmann. Seiner Erfahrung nach seien in den letzten Semestern aber „etwa 90 Prozent der Klagen an der HU erfolgreich“ gewesen. Joachim Baeckmann, Leiter der HU-Studierendenabteilung, bestätigt diese Zahl zwar nicht, sie sei „zu hoch gegriffen“. Er sagt aber auch, dass die HU bisher tatsächlich „überwiegend“ mit den Einklägern zu einem Vergleich kommt. Sprich: Um der Uni und den Klägern einen monatelangen und teuren Streit zu ersparen, bekommen die Kläger letztendlich einen Platz. Ziel der HU sei es, „die Zahl zu senken“, sagt Baeckmann – das Einklagen verzerre das Bewerbungsverfahren aus Sicht der Hochschulen enorm.

An die Börse gehen

Eine Premiere für die Studienbewerbung startet im September 2009: Im Internet soll unter www.freie-studienplaetze.de noch eine letzte Auswahlrunde beginnen. Hochschulen melden für die erstmals deutschlandweit organisierte Studienplatzbörse alle Plätze, die im Haupt- und Nachrückverfahren noch nicht vergeben wurden. Da sich Abiturienten meist mehrfach bewerben, blieben in den letzten Jahren regelmäßig Kapazitäten selbst in begehrten NC-Fächern frei. Wie viele Plätze im Herbst im neuen Internetforum vermeldet werden, lasse sich aber noch nicht abschätzen, sagt Roger Wurm, Sprecher der HRK, die das Angebot organisiert.

Ob Bewerber 2009 bereits Absagen erhalten oder bislang gar nicht an einem Auswahlverfahren teilgenommen haben, spielt für die Börse keine Rolle: Beide Gruppen dürfen das Angebot nutzen. Neben einer Übersicht, die alle Fächer mit freien Plätzen auflistet, wird das Forum Links aufführen, die direkt zu den Bewerbungsportalen der Hochschulen führen. Diese können selbst entscheiden, wie lang sie die Plätze online anbieten oder wann der Bewerbungsstichtag sein soll.

Glück haben

Eine letzte Möglichkeit, einen Studienplatz zu bekommen, ist das Losverfahren. Wenn nach allen regulären Auswahlverfahren noch Plätze frei bleiben, dann werden diese – meist erst im September oder Oktober – unter Bewerbern verlost. Die Abiturnote oder weitere Kriterien sind dann egal. Allein das Glück entscheidet. Am Losverfahren nehmen Abiturienten, die schon eine Ablehnung erhalten haben, meist nicht automatisch teil. Alle Bewerber müssen einen Sonderantrag stellen. Interessierte sollten regelmäßig bei Studienberatungen oder Immatrikulationsbüros nachfragen. Wolfgang Müller-Büssow vom TU-Studierendenservice dämpft aber zu große Hoffnungen: „Hochschulen lassen oft mehr Studenten zu und überbuchen Plätze, weil sie wissen, dass Bewerber etliche Anträge verschickt haben.“ Gerade in sehr beliebten Fächern bleibe daher „selten etwas übrig“.

Bonuspunkte sammeln

Nicht alle Abiturienten bewerben sich sofort für einen Studienplatz – manche fahren erst mal ein Jahr ins Ausland, absolvieren ein soziales Jahr, Zivildienst oder müssen zur Bundeswehr. Für die Bewerbung im nächsten Jahr können sie frühzeitig Punkte sammeln, um die Abiturnote aufzubessern. Denn die Note ist nicht das einzige Kriterium, nach dem Unis ihre Studenten auswählen. Bis zu 60 Prozent der Plätze können Hochschulen nach einem eigenen Auswahlverfahren vergeben, bei dem neben der Abinote auch Auswahlgespräche oder Berufserfahrung zählen. „Die Kriterien unterscheiden sich je nach Hochschule und Studienfach“, sagt Heike Zillmann, Leiterin des Studierendenservice der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin. Bewerber sollten sich daher informieren, wo sie viele Bonuspunkte bekommen können – beispielsweise für sehr gute Mathematik-Zensuren oder ein einschlägiges Praktikum.

Fachhochschulen vergeben zudem oft ein Plus für eine abgeschlossene Berufsausbildung. Auch Bewerbern für die Fächer Medizin, Pharmazie, Tier- und Zahnmedizin kann eine abgeschlossene Ausbildung Vorteile bringen. Welche Unis eine Lehre honorieren, steht auf den Internetseiten der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS), die die Bewerbungen in diesen Fächern organisiert. Unterschiedlich sind die vergebenen Boni: Teils verbessert die Lehre die Abiturnote nur um ein Zehntel, teils bringen sie bis zu sechs Zehntel. Immer mehr Hochschulen nutzen auch Eignungsprüfungen in begehrten Fächern. Die Hochschulen gewichten die Tests unterschiedlich: Maximal zählt der Test 49 Prozent und die Abiturnote 51 Prozent. Das reicht im besten Fall für ein paar Zehntel. Aus einem knapp bestandenen Abitur wird auch dadurch noch kein Einserschnitt.

Tina Rohowski

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