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Mehrfach gestört. Bewerber sollten längst bequem online ihren Studienplatz finden. Doch die technischen Probleme waren zu groß.

© picture-alliance/ dpa

Studienplatzvergabe: Online-Portal mit Problemen

Eine neue Software soll die Zulassung zum Studium erleichtern. Doch aus dem Plan ist eine endlose Pannengeschichte geworden. Dass das Portal in vollem Umfang zum nächsten Wintersemester an den Start geht, ist nicht zu erwarten.

Einen Studienplatz an einer deutschen Uni zu bekommen, ist für viele Abiturienten eine Wissenschaft für sich. Weil immer mehr Fächer mit einem Numerus clausus belegt sind, fragen sie bei möglichst vielen Hochschulen an. Bei jeder müssen sie sich einzeln bewerben. Oft zittern sie bis kurz vor Semesterstart, ob sie einen Platz bekommen. Wegen der vielen Mehrfachbewerbungen müssen die Hochschulen nämlich erst klären, welche Plätze für Nachrücker zur Verfügung stehen. Überdies bleiben oft Plätze selbst in zulassungsbeschränkten Studiengängen frei, obwohl immer mehr Schulabgänger an die Unis drängen.

Doch die Suche nach einem Studienplatz soll einfacher werden, das verspricht die Politik seit langem. Über das Internetportal „Hochschulstart“ sollen sich Studierende bundesweit einheitlich für NC-Fächer bewerben können, das Portal soll die Platzvergabe beschleunigen. Der Bund hat 15 Millionen Euro dafür ausgegeben. Aus dem Plan ist aber eine endlose Pannengeschichte geworden. Immer wieder verzögerte sich der Start. Zuletzt stoppten die Verantwortlichen im April das Vorhaben, weil es technische Schwierigkeiten gab.

Das nächste Kapitel wird am heutigen Donnerstag aufgeschlagen. Dann trifft sich in Berlin der Stiftungsrat der für das Portal zuständigen Stiftung für Hochschulzulassung (ehemals ZVS). Eigentlich sollte dabei beschlossen werden, das Portal zum Wintersemester 2012/2013 freizuschalten. Doch noch immer scheint es alles andere als reibungslos zu funktionieren. „Ich gehe davon aus, dass es lebhafte Diskussionen geben wird“, sagt Jörg Steinbach, Präsident der TU Berlin, der in dem mit Vertretern von Hochschulen, Bund und Ländern besetzten Gremium sitzt. Er vermutet, dass nur ein Teilbetrieb empfohlen wird. Womöglich werde nur eine eingeschränkte Zahl an Hochschulen und Studiengängen berücksichtigt.

Kern des Problems ist die Technik. Erst spät fiel den Beteiligten auf, dass es gar keine Software gibt, die alle Wünsche der Hochschulen berücksichtigt. 2010 begann dann die Firma T-Systems, ein entsprechendes Programm zu entwickeln. Wie sich in diesem Frühjahr herausstellte, war dieses aber nicht mit der bestehenden Software der Hochschulen vereinbar. Die Vorwürfe richteten sich damals nicht so sehr gegen T-Systems, einst verantwortlich für das Desaster bei Toll Collect. Vielmehr sahen viele den Schuldigen im Hochschul-Informations-Service (HIS). HIS betreibt die bestehenden Softwaresysteme der Hochschulen. Die staatseigene GmbH habe an den Hochschulen nicht die technischen Voraussetzungen für das neue Zulassungssystem geschaffen, lautete der Vorwurf.

Inzwischen entwickelt das HIS – wie die private Konkurrenzfirma „Datenlotsen“ – zwar einen „Konnektor“, der die Hochschulen mit dem neuen Portal verbinden können soll. Viele Unis haben die Konnektoren schon bestellt, auch die in Berlin. Doch ob der Konnektor das leistet, was er verspricht, ist immer noch ungeklärt. Steffan Baron, Leiter der Studienabteilung der Humboldt-Universität, sagt, man habe „die Katze im Sack kaufen müssen, ohne wirklich zu wissen, was die Katze kann“. Tatsächlich liefen noch Anfang Dezember letzte „Stresstests“, wie Jörg Steinbach sagt. Deren Ergebnisse müsste der Stiftungsrat nun „sorgfältig prüfen“.

Baron hält es für „riskant“, ein nie im Normalbetrieb getestetes System gerade dann einzuführen, wenn in mehreren Ländern doppelte Abiturjahrgänge anstehen. Im Jahr 2012 kommen diese in Berlin, Baden-Württemberg, Hessen, Bremen und Brandenburg aus den Schulen. Es drohten zudem weitere technische Probleme. Der Konnektor setze eine bestimmte Version der Uni-Software voraus. Die Humboldt-Universität müsste wie andere Hochschulen ihre Software deshalb austauschen, was die Gefahr von Störungen weiter erhöhe.

Vermutlich wird das System ohnehin weit hinter den einstigen Erwartungen zurückbleiben. Anzunehmen ist, dass es den „Kombinationsbachelor“ ausspart – also Studiengänge, bei denen die Studierenden mehrere Fächer kombinieren. Da jede Uni bei diesen Kombinationen andere Regeln habe, sei das technisch nur sehr aufwendig im System abzubilden, heißt es. Für Peter-André Alt, den Präsidenten der Freien Universität, ist dieses Szenario kaum akzeptabel. Eine Uni wie die FU, die eine große Zahl an Doppelfächern anbiete, sei darauf angewiesen, dass das System an dieser Stelle funktioniere. Er könne es sich aber auch nur „sehr schwer vorstellen“, wie eine Maschine das leisten könne. Eine Schwäche an diesem Punkt dürfte auf keinen Fall dazu führen, dass an der FU Studienplätze frei blieben. Schließlich bekämen die Berliner Unis für jeden Studienanfänger vom Land Geld, auf das sie nicht verzichten könnten. Die Unis in den Südländern seien da gelassener, weil sie nicht pro Studienanfänger bezahlt werden.

Aus der Landesrektorenkonferenz eines westdeutschen Flächenlandes ist zu hören, ein Teilbetrieb wäre das „Worst-Case-Szenario“. Man werde prüfen, dann ganz aus Hochschulstart auszusteigen. Die Berliner Unis sind dagegen durch die Hochschulverträge zur Teilnahme verpflichtet. Für Jörg Steinbach ist ohnehin auch ein Teilbetrieb eine „große Chance“, die die Hochschulen nicht verpassen dürften. Unis mit vielen Kombinationsbachelor-Studiengängen dürften das nicht ganz so optimistisch beurteilen.

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