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Studium: Geldspritze für Unis

Schavans Wettbewerb zur Verbesserung der Lage an den Universitäten hilft der Lehre – ein wenig.

Die Lehre an Hochschulen bedarf dringend der Verbesserung. Das weiß die Öffentlichkeit seit den bundesweiten Protestaktionen der Studenten gegen die Studienbedingungen im Zeichen von Bachelor und Master. Das wissen zumindest die Fachleute spätestens seit dem Jahr 2008, als der Wissenschaftsrat eine Generalkritik an der Unterbewertung der Lehre und der Bevorzugung der Forschung im Hochschulalltag veröffentlicht hatte. Sollte der Bund schließlich doch auch bei der Wissenschaft sparen – dann bestimmt nicht an dieser Stelle.

Geld soll in die Hand genommen werden, um die Betreuung der Studierenden zu verbessern, die Qualität der Lehre anzuheben und auch für einzelne Fächer hochschulübergreifend an neuen Lehrkonzepten zu arbeiten. Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) von Bund und Ländern hat wie berichtet ein Verwaltungsabkommen entworfen, das auf dem kommenden Bildungsgipfel der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin am 10. Juni abgesegnet werden soll. Der Bund verpflichtet sich in diesem Abkommen, bis zum Jahr 2020 zwei Milliarden Euro für eine bessere Lehre bereitzustellen, die im Wettbewerb verteilt werden sollen. Die Politiker stehen im Wort: Sie hatten auf dem Dresdener Bildungsgipfel von 2008 angekündigt, dass die Betreuungsverhältnisse in der Lehre an den deutschen Hochschulen verbessert werden sollten.

In Zeiten der Verschuldungsbremse im Grundgesetz und großer Sparanstrengungen sind zwei Milliarden viel Geld. Aber im Vergleich zu den Empfehlungen des Wissenschaftsrats von 2008 stellt sich diese Summe eher als eine kleine Geldspritze dar: 1,1 Milliarden Euro pro Jahr hatte der Wissenschaftsrat für eine bessere Lehre veranschlagt – durchgerechnet auf mehr Personal und eine höherwertige Sachausstattung. Bis zum Jahr 2020 würden nach der Empfehlung des Wissenschaftsrats elf Milliarden Euro zusammenkommen. Elf Milliarden im Vergleich zu zwei Milliarden.

Der Wissenschaftsrat dachte nicht an einen kleinen Wettbewerb zur Verbesserung der Lage, wie er jetzt aufgelegt wird. Er hatte flächendeckend eine um 15 bis 25 Prozent höhere Betreuung für die Bachelor- und Masterstudiengänge für notwendig gehalten, wenn diese große Studienreform gelingen soll. Und das vor dem Hintergrund jahrzehntelanger Versäumnisse in der Finanzausstattung der Hochschulen. 1977 hatten die Ministerpräsidenten den verhängnisvollen Beschluss gefasst, ohne adäquate Finanzierung die Hochschulen für den Ansturm der geburtenstarken Jahrgänge zu öffnen. Das war der Startschuss zu den Massenuniversitäten, unter deren Bedingungen die Studierenden noch heute leiden.

Statt einer Betreuungsrelation von 25 Studierenden auf einen Professor, wie ihn die Hochschulrektorenkonferenz fordert, damit Deutschland in der internationalen Spitze mithalten kann, sind die Betreuungsverhältnisse in den einzelnen Fachrichtungen sei 1977 gravierend schlechter geworden: In den Wirtschaftswissenschaften kommt ein Professor auf 93 Studierende, in den Rechtswissenschaften kommt ein Professor auf 72 Studierende, in den Kultur- und Sprachwissenschaften sind es 61 Studierende pro Professor, in den Sozialwissenschaften 64 Studierende pro Professor. Die Naturwissenschaften schneiden mit 36 Studierenden pro Professor schon besser ab, in den Ingenieurwissenschaften drängen sich 42 Studierende um einen Professor. Nur die Medizin erfüllt mit 22 Studierenden pro Professor internationale Maßstäbe für gute Universitäten.

Die jetzt in der GWK beschlossene Vereinbarung sieht vor, dass der Bund 90 Prozent der Kosten des neuen Programms übernimmt, die Länder zehn Prozent. Wie die Länder diese zehn Prozent einsammeln, bleibt offen. Es gibt lediglich die vage Zusage: Die Länder wollten dafür sorgen, dass die Hochschulen die Gegenfinanzierung für eine bessere Lehre beisteuern. Ein Teil der Länderminister meint, dass die Hochschulen die Gegenfinanzierung aus Eigenbeiträgen bieten könnten, sofern sie Studiengebühren erheben. Offen ist, ob die Länderregierungen die Grundausstattung der Hochschulen erhöhen werden, sofern keine Studiengebühren verlangt werden.

Käme es auf dem Bildungsgipfel in Berlin zu einer Einigung, nach der den Ländern mehr Punkte vom Umsatzsteueraufkommen zugestanden werden, dann könnte sich der Beitrag der Länder an der Gegenfinanzierung für die Lehre sogar erhöhen. Weil das alles offen geblieben ist und das endgültige Verwaltungsabkommen von den Regierungschefs von Bund und Ländern noch beschlossen werden muss, ist der Entwurf in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz ohne Gegenstimmen beschlossen worden.

Die Akademie für eine bessere Lehre, die sich Bundeswissenschaftsministerin Annette Schavan zur Abwicklung des Lehr-Wettbewerbs wünscht, wird in dem Verwaltungsabkommen nicht erwähnt. Die GWK will über diesen Plan erst im Oktober beraten, vielleicht aus Sorge darüber, es könne eine neue kostenaufwendige Verwaltung errichtet werden. Uwe Schlicht

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