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Studium: Mehr Geld für Mediziner in Ausbildung

Mehr und mehr Krankenhäuser bezahlen ihre PJler - mit bis zu 700 Euro monatlich. Aber die Berliner Charité will weiterhin nichts zahlen.

Sie nehmen Blut ab, sie halten Haken bei Operationen – und sie machen die Notaufnahme: Medizinstudenten im Praktischen Jahr (PJ) arbeiten 40 Stunden und mehr, vielfach sind sie für den Krankenhausbetrieb unentbehrlich. Doch eine Bezahlung haben sie lange nicht erhalten. Seit Jahren fordern Studierende und Medizinerverbände eine Bezahlung im PJ. Jetzt scheint der Durchbruch geschafft: Eine Dokumentation des Ärzteverbandes Hartmannbund zeigt, dass mehr und mehr Lehrkrankenhäuser in Deutschland ihre PJ’ler bezahlen – mit bis zu 700 Euro monatlich.

Ganz neu auf der Liste ist das Uniklinikum Ulm: 250 Euro Aufwandsentschädigung erhalten Studierende ab dem Herbst, dazu kommen ein Parkgebührenzuschuss von 30 Euro und 60 Euro Essensgeld. Mit insgesamt 340 Euro liegt Ulm am unteren Ende der Skala. Üblich sind Zahlungen von 400 Euro, etwa in Gießen und Marburg, an der Medizinischen Hochschule Hannover oder in Wismar. Hinter dem Sinneswandel steht nicht nur die Absicht, die Arbeit der PJ’ler gerechterweise zu vergüten. Die Kliniken müssen auch befürchten, dass ihnen der Nachwuchs ausgeht. Viele Studierende gehen im PJ ins Ausland, wo es ganz selbstverständlich eine Ausbildungsvergütung gibt. Oft kehren sie nach dem zweiten Staatsexamen, das auf das PJ folgt, dorthin zurück – während in Deutschland vielerorts Ärztemangel herrscht. Mit der Bezahlung der PJ’ler werde „die Attraktivität der Ulmer Universitätsmedizin als Ausbildungs- und Arbeitsort“ gestärkt, erklärt der Ulmer Studiendekan Jörg Fegert.

Angeführt wird die Vergütungsliste von den privaten Helios-Kliniken, die seit 2007 monatlich 400 Euro zahlen, zum ersten Juli dieses Jahres auf 600 Euro erhöhen und ab Juli 2010 auf 700 Euro. Dies ist in einem Tarifvertrag geregelt, den Helios 2006 mit dem Marburger Bund (MB) geschlossen hat. Damit verschaffe sich Helios erhebliche Wettbewerbsvorteile gegenüber den anderen Krankenhausbetreibern, erklärte damals der MB-Vorsitzende Frank-Ulrich Montgomery.

In Berlin warten die Nachwuchsmediziner bislang allerdings vergeblich auf Geld. Die Universitätsmedizin Charité zahlt grundsätzlich nichts – und hat es auch anderen Lehrkrankenhäusern untersagt, die PJ’ler der Unimedizin zu vergüten. Seitdem die Berliner Helios Kliniken in Buch und in Zehlendorf die Aufwandsentschädigung eingeführt haben, weist die Charité ihnen keine PJ’ler mehr zu. Studierende beklagen in Online-Foren, dass ihnen das finanziell attraktive Praktische Jahr bei Helios nicht offensteht. „Es ist sehr schade, dass wir nun nicht mehr mit den jungen Kollegen arbeiten können“, sagt auch der Leiter der Berliner Helios-Akademie, Parwis Fotuhi. Die beiden Krankenhäuser litten allerdings wegen des Streits mit der Charité nicht unter Nachwuchsmangel. „Berlin ist ohnehin attraktiv“, sagt Fotuhi.

„Die Ausbildung im Studium wird in Deutschland generell nicht bezahlt“, sagt Burkhard Danz, Leiter des Referats für Studienangelegenheiten an der Charité. Laut Approbationsordnung würden die Studierenden „unter Anleitung, Aufsicht und Verantwortung des ausbildenden Arztes ihnen zugewiesene Verrichtungen vornehmen“. Dafür könnten sie nicht bezahlt werden. Tatsächlich springen die Studenten oft für fehlendes Personal ein, gibt Danz zu. Deshalb habe die Charité auch eine Initiative gestartet, um die Qualität der Lehre im PJ zu steigern. Geld zu zahlen, würde die Probleme nicht lösen.

Die Berliner Unimedizin ist indes nicht allein mit ihrer Haltung. Auch die Uni Frankfurt verbietet ihren Lehrkrankenhäusern eine Aufwandsentschädigung für PJ’ler. Die Unikliniken stützen sich auf den Medizinischen Fakultätentag (MFT). Nach einem Beschluss vom Juni befürwortet das Gremium „Aufwandsentschädigungen in Form von Essen und Kleidung“ oder etwa einen Fahrtkostenzuschuss. „Eine darüber hinausgehende materielle Anerkennung während der Ausbildung kann der Staat den ohnehin schon sehr kostenintensiven Studierenden nicht noch zukommen lassen“, erklärt MFT-Präsident Gebhard von Jagow. In Zeiten, in denen die Charité ums Überleben ringe, sagt auch Burkhard Danz, „können wir nicht einfach fünf Millionen Euro an die Studierenden überweisen“. Amory Burchard

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