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Campen gegen Gebühren. Studenten protestieren mit einem Sleep-in an der St. Andrews University in Schottland.

© Reuters

Studium: Nach Gebührenerhöhung: Briten meiden die Unis

Großbritannien hat die Studiengebühren kräftig erhöht. Die Zahl der Bewerber geht vor allem in den Geistes- und Sozialwissenschaften zurück.

Im vergangenen Jahr verdreifachte die britische Regierung die Studiengebühren: Bis zu 9000 Pfund müssen Studierende künftig im Jahr zahlen, also bis zu 10.700 Euro. Das Interesse für ein Studium lässt bei jungen Briten daraufhin nach. Für das im September beginnende Studienjahr 2012 sank die Zahl der Bewerber um 8,7 Prozent. Insgesamt bewarben sich 540.000 Studieninteressierte, nach 583.000 im Vorjahr. Das gab jetzt die zentrale Bewerbungsstelle für die Hochschulen in Großbritannien bekannt, die die Vergabe beinahe aller Anfängerstudienplätze organisiert. Neben der Zahl der einheimischen Studienbewerber ging auch die Zahl der Bewerber aus der EU zurück, und zwar um 11,2 Prozent. Insgesamt fiel der Rückgang bei Männern etwas höher aus als bei Frauen. Überraschenderweise wurden Bewerber aus armen Familien weniger abgeschreckt. Die Zahl der Studieninteressierten aus dem ärmsten Fünftel der britischen Bevölkerung sank nur um 0,2 Prozent, während die aus dem reichsten Fünftel um 2,5 Prozent abnahm. Am meisten betroffen vom Rückgang sind Studienbewerber aus der Mittelschicht. In der Mitteilung der Vergabestelle heißt es, offensichtlich würde die finanzielle Unterstützung für ärmere Studierende auch nach der Erhöhung der Studiengebühren ausreichen. Wendy Piatt, die Direktorin der Russell-Group, die Interessensvertretung der führenden britischen Universitäten, führte den Rückgang weniger auf die Gebühren denn auf die demografische Entwicklung zurück. In diesem Jahr würden weniger Schulabgänger erwartet als 2011, insofern sei der Rückgang „wenig überraschend“. Laut einer offiziellen Statistik gibt es 2012 aber nur 11.000 Achtzehnjährige weniger. Bei der Fächerwahl zeigt sich eine eindeutige Tendenz: Vor allem die Geistes- und Sozialwissenschaften sind weniger gefragt. So liegt der Bewerberrückgang in Sprachwissenschaften bei bis zu zwanzig Prozent, in den Sozialwissenschaften bei zwölf Prozent. Die Nachfrage für Ingenieurwissenschaften bleibt dagegen fast konstant, bei der Medizin steigt sie leicht. Trotz des Rückgangs gibt es immer noch mehr Bewerber als Studienplätze, nicht zuletzt, weil die Regierung 10.000 Plätze abbaut. Im Schnitt bewarb sich jeder Studieninteressierte für fünf Hochschulen, wie aus den Zahlen hervorgeht. Wegen der zentralen Bewerbungsstelle können die Statistiker in Großbritannien, anders als in Deutschland, genau aufschlüsseln, für welche Studienprogramme sich jeder Bewerber interessiert.

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