zum Hauptinhalt
Horchposten. Mit 500 Metern Durchmesser ist das soeben fertiggestellte Radioteleskop „Fast“ in China das größte der Welt. Es ist so empfindlich, dass das Potenzial, außerirdisches Leben nachzuweisen, bis zu zehnmal größer sein soll als bei bisherigen Anlagen.

© imago/Xinhua

Suche nach Aliens: Hallo Nachbarn!

Die Chancen für außerirdisches Leben sind gar nicht so schlecht. Selbst der Vatikan hält es mittlerweile für denkbar. Warum finden wir es dann nicht?

Eine Frage, fast so alt wie die Menschheit: Sind wir allein? Schon in der Antike mutmaßten Gelehrte, dass es jenseits der Erde Leben gibt. Mit der Erfindung des Fernrohrs vor gut 400 Jahren gelang es, andere Himmelskörper genauer zu betrachten. Der Gedanke, dass da jemand wohnt, drängte sich geradezu auf angesichts der nun sichtbaren Strukturen wie zum Beispiel der Kanäle auf dem Mars. Die Raumfahrt hat diesen Verdacht bisher zwar nicht bestätigt, doch die Sonden haben nur die allernächste Nachbarschaft besucht. In den Weiten des Alls wird es schon irgendwo höheres Leben geben. Das glaubt Umfragen zufolge etwa jeder Zweite hierzulande.

Gestützt wird diese Annahme durch Beobachtungen von Astronomen, die allein mit dem Wissensstand ihrer Zunft nicht zu erklären sind – aktuell ist es „Tabbys Stern“. Von hier aus gesehen verdunkelt er sich unregelmäßig, was allein mit dem Vorbeiflug umkreisender Planeten nicht zu erklären ist. Zudem hat die Helligkeit des Sterns in 1480 Lichtjahren Entfernung auch insgesamt abgenommen, zumindest lassen das bisherige Messungen vermuten. Eine Erklärung besagt, dass dort womöglich eine „Dyson–Sphäre“ errichtet wird. Die Idee dahinter: Eine weit entwickelte Zivilisation hat einen immensen Energiebedarf. Um diesen zu decken, baut sie gewaltige Kollektoren um ihren Stern. Und die lassen ihn von außen dunkler erscheinen.

Hinweise auf primitives Leben auf dem Mars

Es ist nur eine Vermutung. Dennoch stehen die Chancen für außerirdisches Leben nicht so schlecht. Allein unsere Heimatgalaxie, die Milchstraße, enthält mehrere hundert Milliarden Sterne. Schätzungen zufolge hat rund jeder fünfte Stern mindestens einen Planeten um sich, der in der „habitablen“ Zone kreist, wo es weder zu heiß noch zu kalt und irgendwie lebensfreundlich ist. Was nicht heißt, dass dort Leben sein muss. Strahlungsausbrüche und andere kosmische Katastrophen können dem Spaß schnell ein Ende bereiten. Aber dass da draußen nun gar nichts ist, erscheint ebenfalls unwahrscheinlich.

Jenseits aller Phantastereien früherer Generationen zu Mondmenschen und grünen Marsmännchen mehren sich fundierte Hinweise darauf, dass zumindest der Rote Planet tatsächlich Leben tragen könnte, wenn auch sehr primitives. Auf der einen Seite hatte er in jungen Jahren flüssiges Wasser auf der Oberfläche sowie eine schützende Atmosphäre, wie die Erde. Auf der anderen Seite finden Forscher immer neue Mikroben, die unter extremen Bedingungen tief im Fels, in toxischen Tümpeln oder heißen Quellen zurechtkommen.

Umfrage: Gibt es Außerirdische?
Umfrage: Gibt es Außerirdische?

© YouGov

In Experimenten am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Berlin hat Jean Pierre Paul de Vera gezeigt, dass Flechten und Cyanobakterien aus der Antarktis auch unter Marsbedingungen Photosynthese betreiben, also leben. Ob es auf dem Planeten tatsächlich Bakterien gibt, sollen Missionen wie die europäisch-russische „Exo-Mars“ ab 2020 herausfinden. Sie geht der Frage nach, ob das Methan dort geologischen oder biologischen Ursprungs ist. „Ich halte es durchaus für möglich, dass es noch heute Mikroorganismen auf dem Mars gibt. Zum Beispiel in Nischen unter der Oberfläche, wo sie vor Strahlung geschützt sind“, sagt de Vera.

Seti-Enthusiasten suchen seit einem halben Jahrhundert

Wie viele andere Planetenforscher sieht auch er einen Imperativ des Lebens. Die Physik und die Chemie seien überall im Universum gleich. Wenn die Bedingungen stimmten, werde sich früher oder später auch Leben entwickeln, sagt de Vera. „Unser Bild hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert: Wir entdecken immer neue Planeten bei fernen Sternen, sehen sogar Planetensysteme, die mehrere Muttersterne haben.“ Das zeige einmal mehr, dass die Natur kreativer sei als die menschliche Vorstellungskraft. Zumindest primitive Biologie mit Mikroben ist seiner Ansicht nach sehr wahrscheinlich. „Zu intelligenten Lebensformen kann man wissenschaftlich keine sichere Aussage machen, es fehlt an Experimenten“, fügt de Vera hinzu. Persönlich halte er das ebenfalls für möglich.

Der Nachweis indes fehlt. Seit mehr als 50 Jahren fahnden Seti-Forscher (Search for Extraterrestial Intelligence) nach Hinweisen auf höheres Leben im All. Verdächtige Signale, aufgezeichnet von Radioteleskopen, erwiesen sich jedoch stets als irdischen Ursprungs – mal war es ein Mikrowellenherd, mal die elektronische Steuerung eines Garagentors.

100 Millionen Dollar für die Suche nach Aliens

Nachdem die Nasa in den Neunzigerjahren ihr (kleines) Seti-Programm beendet hatte, wird die Fahndung ausschließlich mit privaten Mitteln betrieben. Einen großen Sprung erhoffen sich die Enthusiasten vom Projekt „Breakthrough Listen“. Initiiert vom russischen Milliardär Yuri Milner und unterstützt von Stephen Hawking sollen in den nächsten zehn Jahren 100 Millionen Dollar für die Suche nach Hinweisen auf außerirdische Intelligenz bereitgestellt werden. Davon wird beispielsweise Messzeit auf großen Teleskopen gekauft. Im April wurden die ersten Daten veröffentlicht, jeder kann sie herunterladen und analysieren.

Auch für Astronomen, die mit öffentlichem Geld bezahlt werden, ist die Suche nach seltsamen Signalen ein Thema. Notgedrungen. Um etwa Pulsare (rotierende Neutronensterne) zu erforschen, werden sie über längere Zeit „ausgehorcht“. „Dabei schauen wir auch nach ungewöhnlichen Signalen“, sagt Michael Kramer, Direktor am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn, das das Teleskop Effelsberg betreibt. „Aber nicht, weil wir Zeichen von Außerirdischen erwarten, sondern weil es meist Quellen wie Handys oder W-Lan sind – und die wollen wir eliminieren.“

Große Entfernungen und schwache Signale

Prinzipiell sind alle auffälligen Ausschläge für Forscher interessant. Die Entdeckung der Pulsare selbst geht ebenfalls auf ein rätselhaftes Signal zurück, das zunächst scherzhaft als „LGM-1“ (Little Green Man 1) bezeichnet wurde, weil keiner wusste, was dahintersteckte. „Wir suchen also nicht explizit nach Seti-Signalen, aber wir würden sie erkennen und verfolgen, sollten sie da sein“, sagt Kramer.

Auch er hält es angesichts der Vielzahl an Planeten „für nicht ausgeschlossen“, dass es intelligentes Leben im All gibt. „Interessanter ist aber die Frage, ob wir das bemerken werden.“ Die Distanzen zu anderen Sternen seien so gewaltig, dass man selbst mit Lichtgeschwindigkeit sehr lange unterwegs sei. Das Gleiche gelte für Radiowellen, wo zudem die Stärke des Signals eine Rolle spielt. „Zumindest die Strahlung, die wir aussenden, ist relativ energiearm. Man bräuchte viel größere Anlagen, um zu kommunizieren.“ Kramer hält es daher für wenig wahrscheinlich, dass wir überhaupt voneinander erfahren würden. Zugleich warnt er davor, zu glauben, dass wir alle Physik kennen. „Vor 200 Jahren hätte keiner die Welt von heute verstanden“, sagt er. „So könnte es auch in Zukunft Technologien geben, die wir nicht einmal erträumen.“

Ex-Chefastronom des Vatikan hält außerirdisches Leben für möglich

Selbst der Vatikan scheint sich schon auf den Tag vorzubereiten, an dem klar wird, dass wir nicht allein sind. Der damalige Chefastronom José Funes erklärte im vergangenen Jahr, dass es wahrscheinlich sei, dass es Leben im All gebe, vielleicht sogar intelligentes. In jedem Fall stehe Gott als Schöpfer dahinter. Ähnlich argumentiert auch Papst Franziskus. Die Katholiken selbst scheinen skeptischer zu sein. Ein gutes Drittel von ihnen glaubt, es gebe außerirdisches Leben, zeigt eine Umfrage aus den USA. Nur Protestanten und Baptisten waren noch skeptischer. Bei Muslimen sind es hingegen 44 Prozent, bei den Atheisten immerhin 55 Prozent.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false