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Superuniversität: „Absolute Exzellenzfelder“

Wie Berlin die Spitzenforschung ausbauen und die Lehre stärken will.

Mit Jürgen Zöllner (SPD) habe er „ganz bewusst eine der größten Kapazitäten in der Wissenschaftspolitik nach Berlin geholt“, sagte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) am Montag im Roten Rathaus. Jetzt wolle er Wissenschaft und Forschung gemeinsam mit Zöllner konsequent „zum absoluten Schwerpunkt“ der Senatspolitik machen. Mehr als 300 Millionen Euro zusätzlicher Mittel würden Berlin für den Masterplan zur Verfügung stehen, sagte Zöllner.

Wie aber setzt sich diese Summe genau zusammen? 185 Millionen kommen vom Land selbst, zusätzlich will Berlin zehn Millionen für 1000 neue Studienanfängerplätze im Rahmen des Hochschulpakts vorschießen. Mindestens 115 Millionen Euro erwartet Berlin vom Bund. Fest steht bereits, dass das Land 63 Millionen aus dem Hochschulpakt für Verwaltungs- und Laborkosten für DFG-Projekte erhält (Overheadkosten). 22,6 Millionen fließen für Studienplätze aus dem Hochschulpakt nach Berlin. Die große Unbekannte ist allerdings die Summe, die Berliner Unis im Elitewettbewerb gewinnen werden, über den die Entscheidung im Oktober fällt. Hier rechnet der Senat offenbar mit mindestens 30 Millionen Euro – das entspricht etwa zwei Eliteuniversitäten oder einer Eliteuniversität und etwa zwei Clustern.

„Die absoluten Exzellenzfelder“ der Berliner Wissenschaft sollen ein Dach bekommen, sagte Wowereit. Gedacht werde an eine gemeinsame Institution der Universitäten und der großen außeruniversitären Institute, „in der die exzellenten Forschungsbereiche als Einheit identifizierbar sind“. Wie dies zu realisieren ist, will Zöllner bis zum Jahresende mit den Präsidenten der Universitäten und der großen Forschungseinrichtungen diskutieren. Den Prozess beraten soll Ernst-Ludwig Winnacker, Generalsekretär des Europäischen Forschungsrats und ehemaliger Präsident der DFG.

Aus den 185 Millionen, die das Land Berlin zusätzlich aufbringt, sollen bis 2011 insgesamt 150 Millionen Euro in exzellente Forschung fließen. 18 Millionen werden höchstens als Gegenfinanzierung des Landes für erfolgreiche Projekte im Elitewettbewerb fällig. Außerdem werden in den Jahren 2008 und 2009 je 35 Millionen, 2010 und 2011 je 40 Millionen Euro für Forschung ausgegeben. Damit sollen unter anderem knapp gescheiterte Vorhaben aus dem Elitewettbewerb von Bund und Ländern realisiert werden. Darüber hinaus werden Anschubfinanzierungen für geplante Sonderforschungsbereiche oder sonstige große Forschungsvorhaben von Unis und außeruniversitären Instituten finanziert. Neben einem solchen Topf für „Risikokapital“ soll ein „Transferfonds zur Förderung anwendungsorientierter Forschung“ entstehen. Eingeplant sind auch Mittel für die fünf Kompetenzzentren, die kürzlich von der Berliner Wissenschaftskommission vorgestellt wurden. Themen sind hier Kultur, Optik, Gesundheit, transregionale Forschung sowie Verkehr und Logistik.

Außerdem werde der Senat den Unis besonders teure Berufungen auf Professuren in Exzellenzbereichen ermöglichen und einen Fonds zur Ausfinanzierung von Stiftungsprofessuren gründen. Wowereit will ein „Wissenskolleg zur Förderung des Dialogs zwischen Wissenschaft und Politik“ schaffen. Es soll halbjährlich Tagungen zu gesellschaftlich relevanten Themen ausrichten. Außerdem werde er einen mit 50 000 Euro dotierten Berliner Wissenschaftspreis stiften – „für herausragende wissenschaftliche Leistungen“ und auch für exzellente Arbeiten von Nachwuchswissenschaftlern.

Die angekündigte „Ausbildungsoffensive“ sieht vor, dass an den Berliner Hochschulen etwa 1000 zusätzliche Studienplätze geschaffen werden – aufbauend auf dem Hochschulpakt. Statt der mit Bund und Ländern ausgehandelten 19 500 Studienanfängerplätze wolle Berlin nun 20 500 bereitstellen. Damit sei „nach Jahren des Studienplatzabbaus die Trendumkehr geschafft“, hieß es. Die Kosten von zusätzlichen zehn Millionen Euro werde das Land vorfinanzieren, sagte Wowereit, denn im Hochschulpakt werde erst 2011 abgerechnet.

Mit den für die Ausbildungsoffensive eingeplanten Mitteln von insgesamt 35 Millionen Euro soll auch ein zentrales Institut für Hochschuldidaktik gegründet werden, das „Berlin Institute of Professional Teaching in Higher Education“. Dort sollen Hochschullehrer „systematisch ihre Lehrkompetenz verbessern können“. Außerdem will der Senat Juniorprofessuren mit Schwerpunkt Lehre einrichten, Nachfolgeberufungen vorziehen und zusätzliche Tutoren beschäftigen. Auf Seniorprofessuren sollen „bewährte Professoren“ weiterbeschäftigt werden.

Der Masterplan wird in der Wissenschaft begeistert aufgenommen. Die Berliner Forschung befinde sich mit diesem Programm „auf dem steilen Weg nach oben“, sagte Dieter Lenzen, Präsident der Freien Universität. Sie habe nun die Möglichkeit, „ihre Stärken noch stärker zu machen“. Neben München könne Berlin jetzt als zweiter großer Wissenschaftsstandort in Deutschland sichtbar werden.

Wie Lenzen gratulierten auch Kurt Kutzler, Präsident der Technischen Universität, und Jürgen Mlynek, Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft, dem Wissenschaftssenator: Es sei ihm gelungen, sich gegen Finanzsenator Thilo Sarrazin durchzusetzen. Nun könne Berlin einen wichtigen Schritt machen, „bundesweit wieder konkurrenzfähig zu werden“, sagte Kutzler. Anja Schillhaneck von den Berliner Grünen sagte: „Ich freue mich über jeden Cent, den die Wissenschaft bekommt.“ Angesichts des seit Jahren bestehenden Investitionsstaus sei es aber fraglich, ob man mit dem Geld sehr weit kommen werde. Auch sei eine Kehrtwende zum Aufbau von Studienplätzen noch nicht zu erkennen. Sebastian Czaja (FDP) begrüßte die Initiative als „ersten Schritt“. Ein „großer Wurf“ sei sie aber nicht. Wer international bestehen wolle, brauche andere Rahmenbedingungen.

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