zum Hauptinhalt

TU Berlin: Hoffen und bangen

Die TU Berlin hat viel Geld für Forschung, sparen muss sie trotzdem. Für die Studierenden wird es eng - obwohl der flächendeckende NC gelockert wurde.

Die Technische Universität Berlin ist durch ein tiefes Tal gegangen. Doch schon bald soll es steil bergaufgehen – zumindest in der Forschung. Nach außen hin liest sich die Bilanz seit der Jahrtausendwende deprimierend: Im Ranking der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) stürzte die TU vom 16. Platz (1998) auf den 27. Platz (2009). Im März musste die Uni erneut eine Schlappe hinnehmen. Schon in der Vorrunde der zweiten Auflage des Exzellenzwettbewerbs fielen fünf Anträge auf Forschungscluster und das Zukunftskonzept durch.

TU-Präsident Jörg Steinbach sieht seine Uni nun aber vor einem Wiederaufstieg. Beim nächsten DFG-Ranking, das 2012 veröffentlicht wird, werde die TU weitaus besser als 2009 platziert sein. Insbesondere ihre Schwäche bei der Einwerbung von Drittmitteln sei überwunden. Mit 145 Millionen Euro Forschungsgeldern von DFG, Europäischer Union, Bund und Industrie stand die TU 2010 berlinweit tatsächlich an zweiter Stelle nach der sehr forschungsstarken Charité (151 Millionen Euro). Ihr eigenes Ergebnis von 2007 (81 Millionen), das in das DFG-Ranking einfloss, konnte sie enorm steigern. Von Wissenschaftsrat und DFG sei der TU bestätigt worden, dass sie sich in jüngster Zeit zum Besseren gewandelt habe, sagt Steinbach. Dies werde sich im nächsten Ranking „sicher noch positiv bemerkbar machen“.

Dennoch bewegt sich die TU auf eine schwierige Haushaltssituation zu: Mehr Drittmittel braucht sie für die Forschung und ihr Renommee, sie kosten die Universität aber auch Geld. Denn für Drittmittelprojekte muss sie die Grundausstattung an Räumen und Personal zur Verfügung stellen. Ohnehin werden die TU in den nächsten Jahren Haushaltsdefizite plagen. Das derzeitige Defizit von 5,8 Millionen Euro werde auf sieben Millionen Euro im Jahr 2012 und dann auf 12 Millionen Euro im Jahr 2013 steigen, falls die Uni nicht gegensteuere, prognostiziert Steinbach. Bis 2018 drohe eine Steigerung auf 30 Millionen Euro. Eine solche Unterdeckung würde die TU handlungsunfähig machen, vor allem wenn es um die angemessene Ausstattung neu berufener Professoren geht, hat Steinbach vor kurzem dem Kuratorium vorgerechnet.

Wie kommt es zu der Notlage? Personalkosten mit Tariferhöhungen und Pensionskosten „erwürgen die TU“, sagt Steinbach. „Wir haben in den Hochschulverträgen keine Gleitklauseln bekommen, dass das Land den Zuschuss automatisch an die Tariferhöhungen anpassen wird. Die Hochschulen müssen alle Tarifentwicklungen aus dem eigenen Haushalt finanzieren. Das bedeutet eine Unterdeckung von sieben Millionen Euro pro Jahr.“

Dem Kuratorium hat Steinbach ein Sparszenario unterbreitet – und sein Schicksal als Präsident an eine Zustimmung geknüpft. „Normale“ Berufungen könnten mit weniger Geld, besondere Berufungen dafür besser ausgestattet werden und Nachwuchswissenschaftler könnten vermehrt auf günstigere W1- und W2-Stellen berufen werden. Zudem gehörten in der zentralen Univerwaltung und in den Zentralinstituten Stellen auf den Prüfstand. Dem Kuratorium, das für strategische Entwicklungen und die Feststellung des Haushalts zuständig ist, sagte Steinbach: „Entweder die TU trägt mein Konzept mit oder jagt mich in zweieinhalb Jahren vom Hofe.“

Genau in die Zeit der Haushaltsnot fällt jetzt der Hauptandrang an Studienbewerbern – ausgelöst durch die doppelten Abiturientenjahrgänge und die Aussetzung der Wehrpflicht. 70 Millionen Euro hat das Land Berlin für neue Studienanfängerplätze den Berliner Hochschulen zur Verfügung gestellt. Doch davon müssten 60 Millionen Euro abgezogen werden, weil sie bereits erbrachte Vorleistungen kompensieren, heißt es aus den Hochschulen. Auch Steinbach kritisiert, dass diese Mittel vom Senat als frisches Geld für die Hochschulen dargestellt werden.

Der Durchschnittssatz von 26 000 Euro pro Studienplatz in den Ingenieur- und Naturwissenschaften an Technischen Unis liege außerdem „um mindestens 8000 Euro zu niedrig“. Studienplätze in diesen für die Volkswirtschaft wichtigen Fächern aufzubauen, sei ein Zuschussgeschäft, sagt Steinbach. Ohnehin fehlen für die neuen Studierenden Laboratorien und andere Arbeitsräume. Abhilfe schaffen will die Uni unter anderem durch andere Lehrformen wie E-Learning.

Gleichwohl ist auch die TU Berlin bereit, in diesem Semester mehr Studierende als zuvor aufzunehmen. Der bisher geltende flächendeckende Numerus clausus wurde gelockert, Mathematik, Physik und Elektrotechnik sind jetzt NC-frei. Was der Massenandrang bedeutet, könnte sich in den Ingenieurwissenschaften zeigen. Die TU rechnet dort mit 2400 Studienanfängern, die im ersten Semester zunächst in linearer Algebra und Analysis ausgebildet werden. Diese Fächer werden in drei parallelen Vorlesungen angeboten, begleitet von 19 Tutoren.

Noch dramatischer wird die Situation im Master. Statt der üblichen Übergangsquote von 50 Prozent soll die TU zwar 75 Prozent der Bachelorstudenten einen Masterplatz anbieten, so zumindest lautet ein Vorschlag des Senats. Doch die TU trägt schwer an ihren gut 8000 „alten“ Diplomstudierenden, für die sie kein Geld mehr vom Land bekommt. Das hat Folgen für das Masterstudium, erklärt Steinbach: „Nur in dem Maße, in dem wir die Diplomstudierenden zu einem Abschluss führen, können wir auch die Masterkapazität aufbauen.“ Die Folge: Ingenieurbachelor werden gezwungen sein, ihr Studium zu unterbrechen oder sich anderswo einen Masterplatz zu suchen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false