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TURNERS Thesen: Bremser behindern den Bachelor

Ein Bachelor-Studium soll in den meisten Fächern nach sechs Semestern abgeschlossen werden, die Mehrheit der Studierenden nach Abschluss in den Beruf wechseln. Professoren, Studierende, Eltern, Berufsverbände, um nur einige zu nennen, protestieren gegen diese Ziele der Reform.

Ein Bachelor-Studium soll in den meisten Fächern nach sechs Semestern abgeschlossen werden, die Mehrheit der Studierenden nach Abschluss in den Beruf wechseln. Professoren, Studierende, Eltern, Berufsverbände, um nur einige zu nennen, protestieren gegen diese Ziele der Reform. Der Stoff sei in dieser Zeit nicht zu vermitteln, die knappe Zeit überfordere die Studenten, sie litten zum Teil unter der zu großen Belastung, die Voraussetzungen für die Bewältigung der beruflichen Anforderungen seien so nicht zu schaffen. Die Regelstudienzeit müsse verlängert werden.

Früher, als von „Bologna“ noch keine Rede war, hieß es: Die Studiendauer – im Durchschnitt 13 Semester – sei zu lang, die Abbrecherquote erschreckend hoch, die Absolventen – im Mittel 28 – zu alt, die Ausbildung zu praxisfern.

Über 30 Jahre wurde an einer Studienreform herumgedoktert, ohne dass Entscheidendes geschah. Dann kam „Bologna“. Ziel des Bologna-Prozesses ist es, durch die Einführung eines gestuften Studiensystems aus Bachelor und Master mit europaweit vergleichbaren Abschlüssen das vorhandene Begabungspotenzial besser auszuschöpfen. Dies setzt voraus, dass die Studiengänge, entsprechend der zeitlichen Vorgabe, konzipiert werden. Eine bloße Reduzierung des Stoffs, für den bisher acht Semester vorgesehen waren, um ein Viertel, kann keine Lösung sein. Es bedarf schon eines neuen Ansatzes.

Daran aber mangelt es. Ein Teil derjenigen, die dafür zuständig sind, nämlich die Fakultäten – und dort vor allem die Professoren – verweigern sich dieser Aufgabe, indem sie eben keine neue Konzeption erarbeiten, sondern vom bisherigen Programm ein Stück wegschneiden – mit den bekannten Folgen, die dann beklagt werden. Die Mehrheit ist das nicht, aber die Bremser äußern sich lautstark.

Ebenso wird der uneingeschränkte Übergang in ein Master-Studium gefordert. Richtig ist, dass eine Quote widersinnig wäre, das Gleiche gilt aber auch, wenn die Schleusen geöffnet werden. Die Zulassung zu einem weiterführenden Studium muss von den vorhandenen Kapazitäten, aber auch von bisher erbrachten Leistungen abhängen. Andernfalls bleibt es bei den vor „Bologna“ beklagten Verhältnissen: Für den Bachelor werden acht Semester angesetzt, alle bleiben in der Universität und streben mit mehr oder weniger Erfolg den Master-Abschluss an. Die Reform endet an ihrem Ausgangspunkt.

Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail schicken: g.turner@tagesspiegel.de

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