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TURNERS Thesen: Der Umweg zur Superuni

Von George Turner, Wissenschaftssenator a. D.

Das Verhältnis der Studierenden an Universitäten und Fachhochschulen ist bundesweit etwa zwei Drittel zu ein Drittel. Besser wäre eine umgekehrte Relation. Vor der Expansion des tertiären Bereichs, um 1960, gab es rund zwei Dutzend Universitäten. Hinzu kamen die Technischen Hochschulen. Später wurden die Fachhochschulen gegründet mit dem Auftrag, eine berufsbezogene Ausbildung anzubieten. Zur gleichen Zeit startete man ein großes Ausbauprogramm der Universitäten.

Richtiger wäre ein behutsamer Ausbau der Universitäten und eine deutlich stärkere Expansion des Fachhochschulbereichs gewesen. Dann hätte man heute einen breiten tertiären Sektor, der durch anwendungsbezogene Lehre auf berufliche Tätigkeiten vorbereitet und einen quantitativ geringeren, der eine universitäre Ausbildung vorsieht. Die finanziellen Mittel des Staates wären effektiver eingesetzt. Hier wurden Chancen verspielt.

Die Kürzung von Eliteuniversitäten bedeutet den Versuch der Korrektur, ohne dass dies so deutlich gesagt wird.

Wenn die Entwicklung so verläuft, wie sie sich abzeichnet, führt das exakt zu dem, was man längst hätte haben können: eine große Zahl von Einrichtungen des tertiären Bereichs, der in erster Linie eine Ausbildungsfunktion hat – ohne wirklich qualitative Differenzierung zwischen Universitäten und Fachhochschulen – und eine kleine Anzahl von Institutionen, denen die Bezeichnung „Universität“ im klassischen Sinn zusteht.

Auf Berlin bezogen bedeutet dies: Es gibt etwa 100 000 Studierenden an den Universitäten und etwa 30 000 an den Fachhochschulen. Eine Korrektur etwa in der Weise, dass ein Teil der Universitäten „downgegraded“ wird, dürfte aus rechtlichen Gründen und weil es politisch nicht durchsetzbar erscheint, ausscheiden. Der andere Weg wäre, die qualitativ herausragenden Bereiche aus den Universitäten herauszulösen und in eine eigene Organisationseinheit zu überführen. Für die Ausgewählten wäre das eine Auszeichnung, für die anderen, die in den Einrichtungen verbleiben, nicht nur ein Ansehensverlust. Die Verschiebung in Richtung Fachhochschulen wäre unübersehbar. Der Preis wäre die Aufgabe der Universitäten mit einem klaren Profil, unbestrittener Anerkennung und gutem Zukunftspotenzial. Konsequent wäre es. Soll man es auch wollen?

Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail schreiben: g.turner@tagesspiegel.de

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