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Kolumnist George Turner.

© Mike Wolff

Turners Thesen: Die Bildungspolitik ist verkorkst

Indem seinerzeit die Universitäten und nicht die Fachhochschulen massiv ausgebaut worden sind, hat man die Weichen falsch gestellt. Damit war vorgegeben, dass die Universitäten vor allem für das Gros der Studienberechtigten Plätze bereithalten, mit dem „Bachelor“ als Spätfolge.

Der weitere Fehler war, dass die Fachhochschulen auch Masterabschlüsse offerieren dürfen. Richtig wäre gewesen, mit der Expansion des tertiären Bereichs – ab 1970 – die Fachhochschulen auszubauen und nur dort, als ersten berufsqualifizierenden Abschluss, den Bachelor vorzusehen. Indem auch die Universitäten diesen Abschluss ermöglichen, wurde die klassische Universität mit ihrem Bildungskonzept verabschiedet.

Nachdem man merkte, was angerichtet worden war, vor allem dass die Massenuniversität den Wissenschaftsstandort Deutschland gefährdete, verfiel man um 2005/06 auf die Idee der Exzellenzinitiative. Dabei wird sich die dritte Förderlinie, die Honorierung von Zukunftskonzepten, als schwerwiegender Fehler erweisen. Durch das Hochjubeln ganzer Einrichtungen zu Eliteuniversitäten, obwohl nur höchst selektiv Aussagen über die Qualität getroffen worden sind, gelingt es an solchen Institutionen auch Durchschnittlichem, auf dem Trittbrett mitzufahren. Zugleich gerät Besseres an anderen Orten ins Abseits. Folgerichtig ist auch dieser Fehler, weil man so versucht, die vorangegangenen halbwegs auszubügeln.

Die Bildungspolitik erweist sich seit langem als verkorkst. Deshalb wird folgende (Fehl-)Entwicklung zwangsläufig eintreten: Die Fachhochschulen werden den Universitäten weiter angenähert, schließlich mit ihnen zu „universities“ vermischt. Diese Institutionen bieten Bachelor- und Masterexamen an. Eine kleine Zahl von Universitäten – zu befürchten ist, dass wegen der normativen Kraft des Faktischen dies nur oder vor allem Exzellenzuniversitäten sein werden – befreit sich vom Bachelor als berufsqualifizierendem Anschluss und gestaltet ihn als Zwischenstufe zum Master. Zwar wird es den auch an den „universities“ geben. Der an den Eliteschmieden erworbene Master aber ist der Ausweis der wissenschaftlichen Qualifikation.

Das alles hätte man durch eine fehlerfreie Bildungspolitik bereits vor vierzig Jahren einleiten und damit manche schädliche Nebenwirkung und Kosten vermeiden können.

- Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail schreiben: george.turner@t-online.de

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