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TURNERS Thesen: Die Universität ist keine Berufsschule

Von George Turner, Wissenschaftssenator a. D.

Die Initiatoren mögen es als einen besonderen Gag verstehen, die Skeptiker als Exzess der Ökonomisierung: Bei einem Kaffeeröster kann die Zulassung an einer privaten Fachhochschule erworben werden. Letztlich ist dies nur die Konsequenz aus einem Auseinanderdriften von Bildung und Ausbildung. Das überkommene Humboldt’sche Bildungsideal der Entfaltung des Menschen durch eine zweckfreie Bildung wird bestenfalls noch in Sonntagsreden bemüht. Bildungspolitik orientiert sich in erster Linie an wirtschaftlichen Effizienzansprüchen mit Leistungsstandards und Evaluationen.

Die Formel „fit für die Zukunft“ umfasst nur verwertbare, auf den Einsatz in der Berufswelt abgerichtete Inhalte. Die Vorgaben und Bedingungen dafür werden von der Politik und Interessengruppen gesetzt und ständig eingeengt. Die hat der Wuppertaler Kunstpädagoge Jochen Krautz in seinem bemerkenswerten Buch „Ware Bildung. Schule und Hochschule unter dem Diktat der Ökonomie“ eindringlich und überzeugend dargestellt.

Es ist gut, in dem ständigen Reformbemühen, das nun schon rund 40 Jahre anhält und mit immer neuen Heilslehren aufwartet, innezuhalten, sich die verschiedenen Ansätze zu vergegenwärtigen und festzuhalten, was am Ende das Ergebnis war. Meist ist es ernüchternd. Das gilt für vieles, womit die alte Ordinarien-Universität weggefegt wurde, die demokratisierte Hochschule Schiffbruch erlitten hat und inhaltliche Reformen im Hickhack der Experten endeten. Umso skeptischer muss man bei neuen „Wahrheiten“ sein, die unter dem Mantel der Wissensgesellschaft den Eindruck vermitteln sollen, alles sei mit der Elle der Ökonomie zu messen.

Kein Zweifel: Geld und andere Ressourcen müssen verantwortungsbewusst und sparsam eingesetzt werden. Aber Maßstab für das, was Wissenschaft ausmacht und was Studierenden als Rüstzeug zu vermitteln ist beziehungsweise was sie sich selbst erarbeiten sollten, darf nicht nur der Aspekt der Nützlichkeit und der unmittelbaren Umsetzbarkeit in der anschließenden beruflichen Praxis sein. Die Universität ist keine Berufsschule.

Mit der Überbetonung ökonomischer Grundsätze nicht nur bei der Bewertung der Abläufe, sondern auch bei der Konzipierung von Inhalten, ist ein Geist in die Hochschulen eingezogen, der zum mindesten wissenschaftsfremd, wenn nicht -feindlich ist. Auch da hat Krautz recht.

Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail schreiben: g.turner@tagesspiegel.de

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