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TURNERS Thesen: Wer gerne lehrt, ist kein Lehrknecht

Im Entwurf zur Novellierung des Berliner Hochschulgesetzes ist eine Stellenkategorie mit ausschließlicher Aufgabe in der Lehre vorgesehen. Dies bedeutet eine Trennung von Forschung und Lehre und wird deshalb von den Universitäten abgelehnt.

Im Entwurf zur Novellierung des Berliner Hochschulgesetzes ist eine Stellenkategorie mit ausschließlicher Aufgabe in der Lehre vorgesehen. Dies bedeutet eine Trennung von Forschung und Lehre und wird deshalb von den Universitäten abgelehnt. Auf dem Hintergrund der klassischen Universität ist das konsequent; angesichts der anstehenden Aufgaben zu defensiv.

Es ist bekannt, dass mehrere Wellen von Bewerbern auf die Hochschulen zukommen: zwei Jahrgänge von Abiturienten, Bundeswehrbefreite, Berufstätige ohne Reifeprüfung. Die große Zahl der Studierenden und ihre zum Teil sehr unterschiedlichen Vorkenntnisse erfordern geeignete Maßnahmen. Wenn ein Unterricht in kleinen Gruppen stattfinden soll, wenn gezielt ausgeglichen werden soll, soweit kein einheitliches Eingangsniveau besteht, bedarf es eines Lehrpersonals, das sich solchen Aufgaben mit pädagogischem Sachverstand annimmt.

Zu Zeiten früherer Reformen waren dafür einmal die Akademischen Räte und Studienräte im Hochschuldienst vorgesehen. Die entsprechenden Positionen wurden abgeschafft, nicht weil es keinen Bedarf an Inhabern entsprechender Stellen gab, sondern weil sie in Scharen in Professorenstellen überführt wurden. Die seinerzeit überhastete, größtenteils ideologisch motivierte Überführung war falsch. Deutlich wird dies auch, wenn zu Recht beklagt wird, dass für Nachwuchskräfte zu wenige Dauerstellen im Hochschulbereich verfügbar sind.

Die Personalstruktur an den Hochschulen leidet darunter, dass in der Vergangenheit zu sehr statusrechtliche Aspekte die Reform bestimmt haben. Richtiger ist es zu fragen, welche Aufgaben eine Institution hat. Auch in Einrichtungen wie den Universitäten, denen als Institution das Privileg von Forschung und Lehre zusteht, braucht dies nicht in jeder Einzelperson verwirklicht zu sein. Es gibt Lehraufgaben, zu deren Erfüllung die Betreffenden nicht aktiv am Forschungsprozess teilnehmen müssen.

Bleibt die Frage, ob eine solche Tätigkeit nicht eine Sackgasse für die Karriere des Einzelnen bedeutet. Niemand ist gezwungen, sich einer solchen Aufgabe zu verschreiben, niemand ist genötigt, dies auf Dauer zu tun; manche aber finden exakt in einer solchen Tätigkeit berufliche Erfüllung und verstehen sich keineswegs als Lehrknechte.

Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail schreiben: g.turner@tagesspiegel.de

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