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Universitäten: Lieber gut als schnell

Die Software, die das Zulassungsverfahren für Studieninteressierte online ermöglichen sollte, braucht mehr Zeit.

Eigentlich sollte zum 1. April das neue Zulassungsverfahren technisch so gut vorbereitet sein, dass danach die Studieninteressenten sich bundesweit online bewerben können. Aber jetzt wird die Abnahme der dafür benötigten Software auf den 15. Mai verschoben.

Was ist passiert? Immerhin sind die Entwickler dieses Zulassungsverfahrens der Überzeugung, dass es sich um das „anspruchsvollste Zulassungssystem in Europa“ handelt. So formulierte es jedenfalls der Informatiker Stefan Jähnichen, Direktor des Fraunhoferinstituts für Rechnerarchitektur und Softwaretechnik, am gestrigen Mittwoch vor Abgeordneten des Bundestagsausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung. Auch Monika Grütters von der CDU konnte sich gar nicht begeistert genug äußern, indem sie das geplante Verfahren als „Quantensprung“ im Vergleich zum zentralen Zwangsvergabeverfahren durch die ZVS pries.

Dennoch kann der Zeitplan nicht eingehalten werden, weil die Entwicklung der modernen Software in vielen Fällen nicht kompatibel ist mit der veralteten Zulassungssoftware der Hochschulen. Um Fehler zu beseitigen, ist jetzt die Abnahmeentscheidung für das neue System von der Stiftung Hochschulzulassung, der Nachfolgerin der ZVS, vom 1. April auf den 15. Mai verschoben worden.

Jähnichen begründete die Verschiebung damit, dass die von der Softwarefirma T-Systems am 1. März gelieferte Version noch mehr Fehler als erwartet habe. T-Systems will diese Fehler inzwischen beseitigt haben. Jähnichen sprach von einem an sich „normalen Verlauf bei der Softwareentwicklung“ – jedenfalls angesichts des gegebenen Zeitdrucks und der hohen Ansprüche an das neue Verfahren. Weitere Test- und Prüfverfahren sind für den 8. und 28. April angesetzt worden: „Danach wird entschieden, ob wir mit dem System an den Start gehen oder die Reißleine ziehen.“ Reißleine ziehen würde bedeuten, dass das dialogorientierte Zulassungsverfahren nicht wie geplant zum Wintersemester starten kann. Dann müsste das zwischenzeitlich von der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) entwickelte Verfahren zur Verteilung der noch freien Studienplätze – die Restbörse – weiter in Gang bleiben.

Seit der Umwandlung der ZVS in eine Stiftung für Hochschulzulassung sind neun Jahre vergangen. Inzwischen sind durch die Einführung der Bachelor-Master-Reform immer mehr Studiengänge mit örtlichen Zulassungsbeschränkungen versehen worden. Von 8307 grundständigen Studiengängen haben 4234 einen örtlichen Numerus clausus, und 104 Studiengänge werden wegen eines bundesweiten Numerus clausus nach wie vor von der ZVS betreut. Trotz des Zulassungschaos’ und einer durchaus möglich erscheinenden Verschiebung des Starttermins für das neue Verfahren gab es im Bundestagsausschuss Verständnis für die Schwierigkeiten. Die SPD-Bildungsexpertin Ulla Burchardt und der CDU-Abgeordnete Albert Rupprecht erklärten, Qualität solle vor Schnelligkeit gehen.

Lehramtsstudien kann das System nicht berücksichtigen

Schon jetzt steht fest, dass das dialogorientierte Zulassungsverfahren die Studienplatzvergabe bei der Lehrerbildung anfangs nicht einschließen wird. Außerdem werden sich nach den Erklärungen des Generalsekretärs der HRK, Thomas Kathöfer, zwar die meisten Universitäten an dem neuen Verfahren beteiligen, nicht aber die Kunsthochschulen und eher wenige Fachhochschulen. Die Bereitschaft zur Teilnahme werde mit Sicherheit steigen, sobald das Verfahren seine Funktionsfähigkeit erwiesen habe.

Wichtig sei auch, dass die Länder ihre Zusage einhielten, die Kosten für das Verfahren zu übernehmen und nicht auf die Hochschulen zu übertragen. Unterstützt wurde Kathöfer von Vertretern aller Parteien im Bundestag. Vor allem dürften die Kosten für die Vergabe der Studienplätze nicht auf die Studienbewerber abgewälzt werden. Wenn man Kosten von 20 Euro pro vergebenem Studienplatz hochrechnet, könnten auf eine Universität 60 000 bis 70 000 Euro entfallen. Pro Land könnten 300 000 Euro fällig werden.

Keine Mehrheit dürften im Bundestag Zwangslösungen finden. Die Idee der Grünen, dass die Kultusminister über Zielvereinbarungen alle Hochschulen zur Teilnahme an dem neuen Zulassungsverfahren zwingen, wurde von Staatssekretär Josef Lange (CDU) für die Kultusministerkonferenz verworfen. Und Staatssekretär Thomas Rachel wies im Namen der Bundesregierung die Anregung der SPD zurück, die verbliebene Restkompetenz des Bundes, Zulassungsfragen gesetzlich zu regeln, zugunsten des neuen Zulassungsverfahrens zu nutzen. Uwe Schlicht

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