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Verträge zwischen Unis und Firmen: Forschen im Geheimen

Was dürfen Firmen an Unis? In Köln gibt es Streit um eine Kooperation zwischen der Uni und dem Bayer-Konzern. Ein Verein klagt, um den Geheimvertrag einsehen zu können. Konzerne missbrauchen öffentliche Gelder für private Gewinne, lautet der Vorwurf.

Die Uni Köln und der Pharmakonzern Bayer bezeichnen einander gerne als „bevorzugte Partner“. 2008 haben die beiden vereinbart, gemeinsam klinische Studien in der Krebs- und Herzforschung durchzuführen und Doktoranden auszubilden. Dazu unterstützt Bayer die Hochschule jährlich mit einem sechsstelligen Betrag.

Doch inzwischen löst die Zusammenarbeit Ärger aus. Denn wenn es darum geht, welchen Einfluss die Uni dem Unternehmen im Gegenzug eingeräumt hat, sind die Partner nicht so auskunftsfreudig. Über Details schweigen sie hartnäckig und weigern sich, den Kooperationsvertrag offenzulegen. Der Bayer-kritische Verein „Coordination gegen Bayer-Gefahren“ ist deswegen vor einiger Zeit vor das Kölner Verwaltungsgericht gezogen, um das Offenlegen des Vertrages zu erzwingen. In diesem Jahr wollen die Richter über den Fall entscheiden.

Die Kläger befürchten, dass Bayer sich die Rechte an Patenten gesichert hat und die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen abnicken kann. Unerwünschte Resultate könnten so geheim bleiben. Gerade in einem „so sensiblen Bereich wie der Pharmaforschung“ müsse eine aus Steuergeldern finanzierte Einrichtung aber „der öffentlichen Kontrolle unterliegen“. Schließlich würden negative Studienergebnisse bei der Entwicklung neuer Arzneien „regelmäßig in der Schublade verschwinden, um den wirtschaftlichen Erfolg eines Medikamentes nicht zu gefährden“, kritisiert der Verein. Es stehe zu befürchten, dass „multinationale Konzerne die Universitäten als preiswerte Forschungseinrichtungen vereinnahmen und öffentliche Gelder für privatwirtschaftliche Profite missbrauchen“. Transparency International unterstützt die Klage.

Wie viel Einfluss dürfen Unternehmen auf Hochschulen bei gemeinsamen Projekten nehmen? Dass die oft geldknappen Unis auf diese Drittmittel angewiesen sind, steht außer Frage. Wenn eine Uni auch von Firmen viel Geld einwerben kann, kann das auch das Renommee einer Hochschule heben. Doch an der Form der Zusammenarbeit scheiden sich zuweilen die Geister.

In der klassischen „Auftragsforschung“ erteilt ein Unternehmen einem Professor einen Forschungsauftrag. Dabei kann es durchaus üblich sein, dass die Wirtschaft über den Inhalt der Arbeit genauso bestimmt wie über die Publikation der Ergebnisse, wie der wirtschaftsnahe Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft sagt. 10,9 Milliarden Euro haben deutsche Konzerne 2010 laut Stifterverband allein in die Auftragsforschung gesteckt.

Bei Stiftungsprofessuren hingegen finanziert der Sponsor über mehrere Jahre eine Professur. Das grobe Forschungsfeld kann er üblicherweise bestimmen, nicht aber wer die Professur übernimmt und woran im Detail gearbeitet wird. 1000 solcher Stiftungsprofessuren gibt es derzeit. Doch mitunter vermischen sich die Formen, was Anlass zu Streit gibt. So gab es im vergangenen Jahr Diskussionen über eine inzwischen aufgelöste Kooperation zwischen der Deutschen Bank sowie der HU und TU Berlin, bei der die Unis dem Konzern ebenfalls große Mitspracherechte gewährt hatten. „Unglücklich formuliert“ nennt der Stifterverband den Vertrag zur Zusammenarbeit heute: Auftragsforschung und Stiftungsprofessuren seien da vermischt worden.

Ein anderer aktueller Fall ist Bremen. Dort kritisieren linke Landespolitiker und der Asta eine Stiftungsprofessur, die der Raumfahrttechnologie-Konzern OHB der Uni finanzieren will. Der Konzern betreibe Rüstungsforschung; das stehe im Widerspruch zu einer Zivilklausel der Uni von 1986, nach der sie Rüstungsforschung ablehnt, argumentiert der Asta. Doch diese Klausel soll jetzt entschärft werden – auf Druck von OHB, wie der Asta überzeugt ist. Laut der Uni Bremen werde die Entschärfung der Zivilklausel dagegen schon länger diskutiert, weil eine strikt pazifistische Uni nicht mehr zeitgemäß sei. Diesen Monat soll der Akademische Senat abstimmen.

In den Streit um den Geheimvertrag zwischen Uni Köln und Bayer hat sich sogar der Landesdatenschutzbeauftragte eingemischt. Er hat das Schriftstück eingesehen und empfiehlt eine Veröffentlichung. Denn Betriebsgeheimnisse seien in dem Vertrag keine enthalten, wie Uni und Pharmakonzern argumentieren. Die Forderungen des Datenschutzbeauftragten sind aber nicht bindend. Ann-Kathrin Nezik

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