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Spur des Krebses. Forscher hoffen, eines Tages aus einer einfachen Blutuntersuchung auf einen bösartigen Tumor irgendwo im Körper schließen zu können.

© IMAGO

Vorsorge-Untersuchung: Krebstest beim Hausarzt

Biomarker im Blut sollen helfen, Tumoren früh zu erkennen. Mit diesem Bluttest könnten auch sich auch Hausärzte in der Hautkrebsvorsorge engagieren. Doch noch ist das Zukunftsmusik.

Dieser Gesundheitscheck hat es in sich: Der Hausarzt lässt das abgenommene Blut nicht nur auf Zuckerwert und Cholesterin prüfen; getestet wird auch, ob sich Biomarker finden lassen, die auf einen bösartigen Tumor irgendwo im Körper hinweisen. Was gut und sinnvoll klingt, um Krebs früher zu entdecken und die Heilungschancen zu erhöhen, ist leider noch Wunsch, nicht Wirklichkeit. Einen zuverlässigen Bluttest für die Früherkennung von Krebs gibt es bisher nicht.

Wie weit man davon noch entfernt ist, zeigten Forscher aus Stanford vor kurzem am Biomarker „CA-125“. Bislang wird ein niedriger CA-125-Wert als Anzeichen für eine erfolgreiche Behandlung von Eierstockkrebs gewertet. Für die Früherkennung dieser Krebsart eignet sich der Marker jedoch nicht. Denn nach den Berechnungen der US-Forscher würde der Tumor über seine CA-125-Produktion erst dann sichtbar, wenn er bereits auf 1,7 Milliarden Zellen angewachsen und damit ungefähr so groß ist wie eine Olive. Das wäre gut 10 Jahre nach Entstehung des Krebsherdes. Da könnten sich bereits Metastasen gebildet haben und der Tumor wäre auch per Ultraschall sichtbar.

Warum der CA-125-Test hier erst so spät anspricht, hat seinen Grund. Wie das prostataspezifische Antigen (PSA) wird auch CA-125 nicht nur von Tumorzellen, sondern auch von gesundem Gewebe produziert. Zwar findet man bei über 80 Prozent aller Patientinnen mit Eierstockkrebs vermehrt CA-125 im Blut, doch die Werte können auch bei einer Schwangerschaft oder einer gutartigen Gewebeveränderung der Gebärmutter ansteigen. Gleiches gilt für den PSA-Wert, der individuell, aber auch in Abhängigkeit von der sportlichen oder sexuellen Aktivität unterschiedlich ausfallen kann, was die Interpretation der Messwerte erschwert.

Um mehr Sicherheit zu bekommen, setzen Krebsforscher daher nicht mehr auf einen Biomarker allein. Sie fahnden nach Veränderungen einer ganzen Gruppe verschiedener molekularer Indizien – offenbar mit Erfolg. Ein Team von Wilhelm Krek an der ETH Zürich etwa, suchte bei krebskranken Labortieren solche Proteine, die direkt mit dem Tumorwachstum und seiner Aggressivität zusammenhängen. „In einem weiteren Schritt konnten wir dieses Proteinmuster auch bei Prostatakrebspatienten nachweisen und mit hoher Genauigkeit voraussagen, ob ein Patient an Prostatakrebs erkrankt ist oder nicht“, sagt Krek.

Ähnlich gingen auch amerikanische Wissenschaftler vom Fred Hutchinson Cancer Research Center in Seattle vor: sie machten zunächst bei Mäusen mit Lungenkrebs ein Set an Biomarkern aus, das, wie sich dann herausstellte, auch im Blut von Menschen vermehrt auftauchte, bei denen gerade oder sogar noch bevor ein Lungenkrebs diagnostiziert worden war. Ob sich diese oder die Marker der Schweizer Gruppe schließlich für die Routine eignen, muss nun weitergeprüft werden.

Einen interessanten Weg, um eines Tages den Krebscheck beim Hausarzt möglich zu machen, geht auch Kai Stühler, der das Molecular Proteomics Laboratory an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf leitet. Sein Team sucht nicht im Blut nach verräterischen Anzeichen für ein Krebswachstum. Es konzentriert sich zunächst direkt auf die Proteine, die der Tumor selbst produziert. Stühler will das „Proteom“ verschiedener Krebsarten, für dessen Bestimmung jeweils 1000 Tumorzellen ausreichen, miteinander vergleichen. Entdecke man dabei typische Biomarker, könne im nächsten Schritt gezielt nach diesen Molekülen im Blut von Menschen gefahndet werden, sagt Stühler.

Welche neuen Methoden noch erforscht werden, lesen Sie auf der zweiten Seite.

Verdächtige Hinweise auf eine Tumorerkrankung erhofft man sich nicht nur von Proteinen. Im Fokus stehen zurzeit auch „Mikro-RNAs“, kleine Nukleinsäuremoleküle, die die Übersetzung von Genen in Proteine regulieren. „Einige Studien zeigten, dass Tumoren ein ganz anderes miRNA-Muster haben als gesundes Gewebe“, sagt Petra Leidinger von der Abteilung Humangenetik des Uniklinikums Saarland.

Die Forschungsgruppe dort untersucht, in welchen Mengen rund 1200 verschiedene miRNAs im Blut von gesunden und kranken Menschen vorkommen. „Recht gut lässt sich danach durch ein typisches miRNA-Muster im Blut etwa unterscheiden, ob die Probe von einem Patienten mit Lungenkrebs stammt oder von einem Menschen, dessen Lunge chronisch entzündet ist“, sagt Leidinger.

Genau hier liegt die Crux. Biomarkertests machen nur Sinn, wenn sie sicher entscheiden können: Signalisiert der Marker eine gefährliche Entartung von Körpergewebe oder ist der Wert hoch, weil das Organ entzündet ist? Hat man es bei dem nachgewiesenen Tumor tatsächlich mit einem aktiven Krebsherd zu tun oder wird von den Zellen überhaupt keine Gefahr für den Menschen ausgehen?

Was ist etwa mit den winzigen, ruhenden Tumorvorstufen, die man bei einer Autopsie bei schätzungsweise einem Drittel der Frauen zwischen 40 und 50 findet, obwohl die Brustkrebsdiagnoserate bei Frauen dieses Alters nur bei rund einem Prozent liegt? Jede Art der Diagnostik sollte nur zu einem positiven Befund kommen, wenn Zellwucherungen auftauchen, die tatsächlich das Potenzial für eine bösartige Entartung in sich tragen. Um hier auf die „richtigen“ Marker zu stoßen, müssen die molekularen Details der Tumorentstehung und Ausbreitung gut verstanden werden – was häufig noch nicht der Fall ist.

„Ein Biomarkertest muss absolut spezifisch sein“, sagt auch Kai Stühler, damit gesunde Menschen, die sich diesem Test unterzögen, nicht in unnötige Alarmbereitschaft versetzt würden. „Zurzeit zeichnet sich nicht ab, dass demnächst mit Hilfe eines Biomarkertests nur die Krebskranken in einer Menschengruppe ausgemacht werden können“, sagt Stühler. Trotzdem glaubt der Forscher, dass in Zukunft Biomarker häufiger zum Einsatz kommen werden. Weniger bei der Früherkennung, sondern dann, wenn nach einer Diagnose der Typ des Tumors anhand seiner besonderen Merkmale genau bestimmt und eine darauf zugeschnittene Therapie entwickelt werden muss.

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