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Helen Evans, stellvertretende Geschäftsführerin der Gavi.

© GAVI 2010/Jay Louvion

Weltgesundheitsgipfel 2012: „Arme Länder brauchen auch Impfstoffe“

In den Entwicklungsländern werden kranke Kinder schlechter versorgt, deshalb brauchen gerade sie Impfstoffe gegen Pneumokokken, Masern und Polio. Die Genfer GAVI-Alliance bringt sie zu ihnen. Ein Interview mit Helen Evans, stellvertretende Geschäftsführerin der Gavi.

Frau Evans, Sie vertreten auf dem Weltgesundheitsgipfel die „GAVI-Alliance“, die das Ziel hat, Impfstoffe für Entwicklungsländer verfügbar zu machen. Warum braucht man eine Organisation wie Gavi?
Gavi wurde im Jahr 2000 gegründet, weil es fantastische Fortschritte bei Impfstoffen für Kinder gab, aber sie erreichten die Entwicklungsländer überhaupt nicht. Die Impfstoffhersteller haben in den Entwicklungsländern keinen Markt gesehen, der eine Investition lohnt. Dabei brauchen gerade arme Länder Impfstoffe, weil kranke Kinder dort schlechter versorgt werden.

Gavi zahlt nun für Impfstoffe, die sich vorher nur reiche Familien leisten konnten?

Genau. Einen Tag nachdem wir den Pneumokokken-Impfstoff in Kenia eingeführt haben, war ich in einer Klinik in Kebira. Das ist ein Slum in Nairobi und die Frauen strömten in die Klinik, um ihre Kinder impfen zu lassen. Ich fragte die Schwestern, woher die Frauen von dem Impfstoff wussten und sie erklärten mir, dass die meisten Frauen selbst ein Kind durch Pneumokokken verloren hatten oder jemanden kannten, der ein Kind verloren hatte. Aber sie wussten auch, dass es einen Impfstoff gibt, denn viele von ihnen arbeiteten im Haus reicher Kenianer und hatten die Kinder ihrer Chefs zur Impfung gebracht.

Seit 2000 sind die Impfraten in vielen Entwicklungsländern rasant angestiegen. Inzwischen haben wir in Deutschland oder Frankreich bei Masern niedrigere Impfraten als in manchen Entwicklungsländern.
Das ist schon ironisch. Als ich Weihnachten nach Hause flog, sah ich am Flughafen in Sydney ein Schild mit Kindern mit Ausschlag. Da stand drauf: Wenn Sie in Europa unterwegs waren und ihre Kinder haben diese Symptome, dann gehen Sie sofort zu einem Arzt. Ihr Kind könnte sich mit Masern angesteckt haben.

Wie kommt es, dass die reichste Region der Welt im Kampf gegen Masern zurückfällt?
Das ist auch eine Frage des Bewusstseins. Masernimpfstoffe sind nicht teuer. Aber Menschen in entwickelten Ländern haben die Masern nicht gesehen, sie haben nicht die Auswirkungen der Masern gesehen. In Afrika weiß jeder aus Erfahrung, wie gefährlich die Masern sind.

Gavi will jetzt auch die HPV-Impfung, die vor dem Zervixkarzinom schützt, in Entwicklungsländern finanzieren. Der Impfstoff ist umstritten, weil er sehr teuer ist.

In Entwicklungsländern sterben mehr Frauen an dieser Krebsart als an irgendeinem anderen Krebs. Bis 2030 werden schätzungsweise eine halbe Million Frauen an Zervixkarzinoma sterben, 88 Prozent davon in Entwicklungsländern. Außerdem werden wir nur fünf Dollar für eine Dosis zahlen. In den USA kostet eine Dosis etwa 150 Dollar.

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