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Weltraum: Wie riesige Lupen im All

Schwerkraft sei Dank: Mithilfe von Gravitationslinsen spüren Astronomen ferne Galaxien auf

Von Rainer Kayser, dpa

Einem internationalen Forscherteam ist es gelungen, mithilfe des europäischen Weltraumteleskops „Herschel“ fünf Galaxien im jungen Kosmos aufzuspüren, in denen hundertmal so viele Sterne entstehen wie in heutigen Galaxien. Die Sternsysteme sind in dichte Staubwolken gehüllt und deshalb schwer zu entdecken. Dank des Effekts von sogenannten Gravitationslinsen schafften es die Astronomen, die eigentlich unsichtbaren Galaxien trotzdem nachzuweisen. Sie berichten davon im Fachblatt „Science“ (Band 330, Seite 800).

„Neue Gravitationslinsen aufzuspüren ist eigentlich eine mühselige Arbeit, bei der wir gewaltige Datenmengen durchforsten müssen“, sagt Asantha Cooray von der Universität von Kalifornien. „Mit Herschel können wir sie deutlich schneller entdecken.“ Bei der Entstehung neuer Sterne in den acht bis zwölf Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxien entsteht viel Staub, der die Strahlung der Galaxien erheblich abschwächt und sie so nahezu unsichtbar macht. Zugleich erwärmt die Strahlung den Staub und lässt ihn deshalb im infraroten Spektrum aufleuchten. Die Ausdehnung des Weltalls streckt die Wellenlängen dieser Strahlung auf ihrem Weg zur Erde, so dass sie hier als Submillimeterstrahlung ankommt: langwelliger als Infrarot-, aber noch kurzwelliger als Radiowellen. Genau auf diesen Bereich ist Herschel spezialisiert.

Cooray und ihre Kollegen hatten sich Folgendes überlegt: Wenn alle Submillimetergalaxien leuchtschwach sind, müssen außergewöhnlich helle Objekte durch Gravitationslinsen verstärkt sein. Gravitationslinsen sind nichts anders als Galaxien, die zwischen der Erde und einem fernen Sternensystem liegen und mit ihrer Schwerkraft das Licht der Hintergrundgalaxie bündeln und somit verstärken.

Gesagt, getan. In einem 14,4 Quadratgrad großen, von Herschel sorgfältig durchsuchtem Himmelsgebiet sonderten die Astronomen fünf helle Objekte aus. Nachbeobachtungen mit Teleskopen auf der Erde zeigten in allen Fällen eine Linsengalaxie nahe dem Lichtweg zu dem weiter entfernten Submillimeterobjekt. Der untersuchte Himmelsabschnitt gehört zu einer größeren, insgesamt 550 Quadratgrad umfassenden Durchmusterung, die noch nicht abgeschlossen ist.

Die Astronomen erwarten, in diesem Feld insgesamt rund 100 „gelinste“ Submillimetergalaxien aufzuspüren. Da Gravitationslinsen nicht nur die Helligkeit verstärkten, sondern auch die Bilder der fernen Galaxien vergrößern, erlauben sie den Wissenschaftlern detaillierte Einblicke in die Sternentstehung im jungen Kosmos.

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