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Wissen: „Wie in einem absurden Roman“ TU-Präsident Kutzler vor der Uni-Vollversammlung

Wie in einem „absurden Roman“ fühlt sich derzeit TU-Präsident Kurt Kutzler. In welcher Situation er sich aufgrund der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wegen Verdachts auf Untreue befinde, könne „nur nachvollziehen, wer Kafkas ,Prozess‘ gelesen hat“, sagte Kutzler gestern in einer eigens einberufenen TU-Vollversammlung.

Wie in einem „absurden Roman“ fühlt sich derzeit TU-Präsident Kurt Kutzler. In welcher Situation er sich aufgrund der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wegen Verdachts auf Untreue befinde, könne „nur nachvollziehen, wer Kafkas ,Prozess‘ gelesen hat“, sagte Kutzler gestern in einer eigens einberufenen TU-Vollversammlung. Er wisse nicht, welche Verstöße er begangen habe oder wie der Stand des Verfahrens sei.

Wie berichtet, ist Kutzler in die Kritik geraten, weil er seiner Kanzlerin Ulrike Gutheil einen deutlichen Gehaltssprung unter rechtlich unklaren Umständen ermöglichte. Außerdem hat der Rechnungshof moniert, dass Gutheil für eine geringe Miete in einem TU-Gebäude wohnte, das auch auf TU-Kosten saniert wurde. Kutzler verteidigte in einer einstündigen Rede die Maßnahmen: Solche Verhandlungen hätte er „an der TU mit jedem anderen Mitarbeiter, der Abwerbeangebote erhält, auch geführt“, sagte er im fast voll besetzten Audimax – und weckte den Unmut vieler Zuhörer.

Den TU-Beschäftigten gilt das Verhalten ihres Präsidenten auch wegen aktueller Tarifauseinandersetzungen als Provokation: An der Spitze der Uni nutze man alle Möglichkeiten, sich Vorteile zu verschaffen. „Unten“ seien dagegen „diejenigen, die den Haushalt sanieren dürfen“, hieß es gestern auf einem Flugblatt, das die GEW-Gruppe der Hochschule verteilte. Präsident und Kanzlerin wurden vom Publikum und auf weiteren Flugzetteln dazu aufgefordert, ihre Ämter ruhen zu lassen – sonst erfahre „der Ruf der TU einen rapiden Niedergang“.

Er gehe „nicht davon aus, dass sich das Vertrauen in die Unileitung wiederherstellen“ lasse, sagte ein Mitarbeiter unter großem Beifall. Wenn sich die Unispitze „in einem intransparenten Verfahren selbst Geld zuschanzt“, hätte sie „jede Vorbildfunktion verloren“. Auf einem Plakat warfen Studenten der Unileitung „exzellenten Filz auf höchsten Niveau“ vor.

TU-Kanzlerin Ulrike Gutheil äußerte sich nicht zu den Vorwürfen. Dass Gutheil und er ihre Ämter ruhen lassen, lehnte Kutzler ab. Die „Gerüchte und schlimmen Verleumdungen“ machten „die Universität kaputt“, sagte er. Er schlug die Einrichtung einer „Clearingstelle“ vor, die „Maßnahmen ergreifen soll gegen alle Personen, die durch solche Gerüchte und üble Nachrede die Universität zerstören“. Die Mitarbeiter im Audimax kritisierten den Vorschlag als „eine Bedrohung für alle Angehörigen der TU“: „Wir stehen als Gerüchtedetektive nicht zur Verfügung.“

Erst auf Nachfrage aus dem Publikum äußerte sich TU-Vizepräsident Jörg Steinbach. Steinbach hatte auf Drängen des Senats Strafanzeige gegen Kutzler erstattet und leitet das Disziplinarverfahren gegen die Kanzlerin. Es gebe, neben der von Kutzler vorgetragenen Version, „noch eine andere Lesart der Vorgänge“, sagte Steinbach. Man könne nicht allein „eine hyperaktive Senatsverwaltung und einen Vizepräsidenten, der mitspielt“, verantwortlich machen. Auf Zwischenrufe aus dem Audimax, welche andere Lesart es dann gebe, antwortete Steinbach, dazu könne er wegen des laufenden Verfahrens nichts sagen. Man müsse „alles daran setzen, weiteren Schaden von der TU abzuwenden“. Für die Beteiligten sei die Situation „so belastend, dass es an die gesundheitlichen Grenzen geht“.

Für heute haben Verdi und die GEW die TU-Beschäftigten zu einem Warnstreik aufgerufen, um ihre Forderung nach Tarifverhandlungen zu unterstreichen. Tina Rohowski

Tina Rohowski

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